Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

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Oesterreich-Ingarn. 
Sept. l. J. ausdrücklich anerkannt und der Landtag aufgefordert wurde, die 
Beziehungen dieses Königreiches zum Gesammtreiche einer allseitig gerechten und 
befriedigenden Regelung zuzuführen; — Im vollen Bewußtsein, daß der Land- 
tag dieser allerhöchsten Aufforderung in seinen Beschlüssen, so weit es an ihm 
lag, entsprochen und die Verständigung aller Königreiche und Länder in ihrer 
ganzen Bedeutung erfaßt habe — eine Verständigung, die eine freie, keine 
Rechtsanschauung von vornherein ausschließende ist; — In Erwägung, daß die 
staatsrechtliche Stellung dieses Königreiches die Judicatur einer andern legis- 
lativen Körperschaft ausschließt, und daß die schwerste Verantwortung darin läge: 
einer Ueberzeugung untreu zu werden, die mit den gewichtigsten Interessen der 
Krone, des Landes wie des Reiches in unlösbarer Verbindung steht: — Er- 
klärt der Landtag: beharren zu müssen bei seiner in vielfachen Staats- 
schriften ausgesprochenen und standhaft begründeten Rechtsanschauung von der 
Selbständigkeit des Königreiches und der Krone Böhmen im Verbande der 
österreichischen Staaten: — Beharren zu mühssen bei seiner Ueberzeugung, daß 
diese staatsrechtliche Stellung, dem Wesen eines auf gegenseitigem Ueberein- 
kommen beruhenden bilateralen Rechtsverhältnisses gemäß, nicht anders als 
durch Vereinbarung zwischen der in einem vollberechtigten Landtage vertretenen 
Nation und dem legitimen Könige geordnet werden könne. Demnach beschließt 
der Landtag — tren seinem Wort, seinem Entschluß, seiner Pflicht, das 
Selbstbestimmungsrecht der politischen Nation von Böhmen zu wahren und 
nimmer zuzugeben, daß die Vertreter anderer Länder und Völker zum Richter 
gesetzt werden über die Rechte des Königreiches Böhmen, über das Verhältniß 
des Volkes von Böhmen zu seinem legitimen Könige — die Wahlen in den 
Reichsrath der nichtungarischen Königreiche und Länder abzulehnen, und 
legt zugleich Verwahrung dagegen ein, daß diese Körperschaft je berechtigt 
gewesen wäre dder je berechtigt sein könnte, über das Staatsrecht und die Ver- 
fassung des Königreiches Böhmen zu beschließen."“ 
8. Nov. Der Reichskanzler Graf Beust erhält die nachgesuchte Entlassung. 
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13. 
16. 
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Der ungarische Ministerpräsident, Graf Andrassy, telegraphisch nach 
Wien berufen, erklärt sich bereit, als gemeinsamer Minister des Aus- 
wärtigen (der Titel Reichskanzler geht wieder ein) an seine Stelle zu 
treten. Als ungarischer Ministerpräsident soll Andrassy durch den bis- 
herigen gemeinsamen Finanzminister Graf Lonyay ersetzt werden. 
„ (Oesterreich: Böhmen.) Graf Clam-Martinitz und Rieger laden 
zu einem Föderalistencongresse nach Prag ein. 
„ (Ungarn.) Ministerrath in Pesth: Graf Andrassy bewegt den- 
selben, Lonyay als Ministerpräsidenken anzunehmen. 
„ Andrassy wird zum gemeinsamen Minister des Auswärtigen, Graf 
Lonyay zum ungarischen Ministerpräsidenten ernannt. Beide leisten 
den Eid in die Hände des Kaisers. Graf Beust soll zum Botschafter 
in London ernannt werden. 
„ (Oesterreich.) Baron Kellersperg scheitert in seinem Versuch, ein 
neues cisleith. Ministerium zu bilden, daran, daß er auch die Ausgleichs- 
verhandlungen mit Galizien fallen lassen will, wogegen sich namentlich 
Andrassy ausspricht. Fürst Adolf Auersperg wird nunmehr mit der 
Bildung des neuen Ministeriums betraut. 
„ (Oesterreich: Böhmen.) In Folge der Weigerung des böhmischen 
Landtags, den Reichsrath zu beschicken, ordnet ein kais. Patent directe 
Reichsrathswahlen für Böhmen an.
	        
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