Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

England. 343 
Die Adreßdebatte bietet weder im einen noch im andern Hause ein 
hervorragendes Interesse dar, da der Gegenstand, der alle Gemüther 
vor allem Anderen beschäftigt, wie auf gemeinsame Verabredung mög— 
lichst umgangen oder nur kurz abgemacht wird. 
10. Febr. Die englische und die amerikanische Regierung sind nach längeren 
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24. 
Unterhandlungen übereingekommen, eine gemeinschaftliche Commission, 
die in Washington tagen soll, über alle zwischen beiden Ländern ob- 
schwebenden Differenzen unterhandeln zu lassen und beide Theile er- 
nennen ihre Commissäre, je fünf für jeden. 
Granville machte diesen Vorschlag in Betreff der Fischereifrage. Präsident 
Grant stimmte bei unter der Bedingung, daß die Alabamafrage mit zur 
Sprache komme. Hiermit war Granville einverstanden, wenn alle mit dem 
Rebellenkrieg verbundenen Ansprüche, sowie alle bestehenden Differenzen be- 
sprochen würden. Die Kommission soll keine endgiltige Entscheidung treffen, 
sondern eine solche nur anbahnen. 
„ Unterhaus: Der Kriegsminister kündigt den Gesetzesentwurf bez. 
der Militärorganisation an. 
Oberhaus: Lord Granville erklärt, die Beschlüsse der Londoner 
Conferenz würden erst nach Beendigung des Kriegs zum Vertrage 
erhoben werden und theilt mit, daß sowohl von England als von den 
Verein. Staaten je 5 Commissarien behufs Schlichtung der schwebenden 
Differenzen ernannt worden seien. 
„ Unterhaus: Die Regierung bringt ihre Vorlage für Einführung 
des Ballots bei Parlamentswahlen ein. 
„ Unterhaus: Die Bill für Beseitigung der religiösen Beschränkungen 
an den Universitäten wird zum dritten Mal gelesen und angenommen 
und geht somit neuerdings an das Oberhaus. 
„ Der neue franz. Botschafter, Herzog v. Broglie, trifft in London 
ein und wird sofort der Königin behufs Ueberreichung seiner Creditive 
vorgestellt. Derselbe verlangt von der engl. Regierung, 
daß „sie Deutschland auffordere, den Waffenstillstand zu verlängern, damit 
die Unterhandlungen nicht aller Kenntnißnahme von Seite Europas entzogen 
blieben und ferner sollte sie schiedsrichterliche Aburtheilung über den Betrag 
der Kriegesentschädigung vorschlagen, da es der Regierung Frankreichs un- 
möglich sein würde, eine solche von 6 Milliarden Fres. zu zahlen und daß 
es ihrerseits unehrenhaft wäre, sich zu einer Zahlung zu verpflichten, deren 
Leistung durchaus ihre Kraft übersteige.“ Die englische Regierung lehnt das 
erstere Begehren ab, unterstützt aber das letztere alsbald durch Depeschen an 
Lord Loftus in Berlin und an Herrn Odo Russel in Versailles. Preußen 
läßt sich indeß durch die englische Einmischung nicht beirren und schließt mit 
Frankreich ohne Rücksicht darauf ab, bevor Herr Odo Russel von Bismarck 
empfangen wird. 
7. März. Hr. Göschen wird zum Marineminister ernannt. 
8. 
„ Die aus fünf englischen und fünf amerikanischen Bevollmächtigten 
zusammengesetzte Commission behufs der freundschaftlichen Schlichtung 
der zwischen England und der Union schwebenden Differenzen tritt in 
Washington zusammen.
	        
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