England. 343
Die Adreßdebatte bietet weder im einen noch im andern Hause ein
hervorragendes Interesse dar, da der Gegenstand, der alle Gemüther
vor allem Anderen beschäftigt, wie auf gemeinsame Verabredung mög—
lichst umgangen oder nur kurz abgemacht wird.
10. Febr. Die englische und die amerikanische Regierung sind nach längeren
1
21.
23.
24.
Unterhandlungen übereingekommen, eine gemeinschaftliche Commission,
die in Washington tagen soll, über alle zwischen beiden Ländern ob-
schwebenden Differenzen unterhandeln zu lassen und beide Theile er-
nennen ihre Commissäre, je fünf für jeden.
Granville machte diesen Vorschlag in Betreff der Fischereifrage. Präsident
Grant stimmte bei unter der Bedingung, daß die Alabamafrage mit zur
Sprache komme. Hiermit war Granville einverstanden, wenn alle mit dem
Rebellenkrieg verbundenen Ansprüche, sowie alle bestehenden Differenzen be-
sprochen würden. Die Kommission soll keine endgiltige Entscheidung treffen,
sondern eine solche nur anbahnen.
„ Unterhaus: Der Kriegsminister kündigt den Gesetzesentwurf bez.
der Militärorganisation an.
Oberhaus: Lord Granville erklärt, die Beschlüsse der Londoner
Conferenz würden erst nach Beendigung des Kriegs zum Vertrage
erhoben werden und theilt mit, daß sowohl von England als von den
Verein. Staaten je 5 Commissarien behufs Schlichtung der schwebenden
Differenzen ernannt worden seien.
„ Unterhaus: Die Regierung bringt ihre Vorlage für Einführung
des Ballots bei Parlamentswahlen ein.
„ Unterhaus: Die Bill für Beseitigung der religiösen Beschränkungen
an den Universitäten wird zum dritten Mal gelesen und angenommen
und geht somit neuerdings an das Oberhaus.
„ Der neue franz. Botschafter, Herzog v. Broglie, trifft in London
ein und wird sofort der Königin behufs Ueberreichung seiner Creditive
vorgestellt. Derselbe verlangt von der engl. Regierung,
daß „sie Deutschland auffordere, den Waffenstillstand zu verlängern, damit
die Unterhandlungen nicht aller Kenntnißnahme von Seite Europas entzogen
blieben und ferner sollte sie schiedsrichterliche Aburtheilung über den Betrag
der Kriegesentschädigung vorschlagen, da es der Regierung Frankreichs un-
möglich sein würde, eine solche von 6 Milliarden Fres. zu zahlen und daß
es ihrerseits unehrenhaft wäre, sich zu einer Zahlung zu verpflichten, deren
Leistung durchaus ihre Kraft übersteige.“ Die englische Regierung lehnt das
erstere Begehren ab, unterstützt aber das letztere alsbald durch Depeschen an
Lord Loftus in Berlin und an Herrn Odo Russel in Versailles. Preußen
läßt sich indeß durch die englische Einmischung nicht beirren und schließt mit
Frankreich ohne Rücksicht darauf ab, bevor Herr Odo Russel von Bismarck
empfangen wird.
7. März. Hr. Göschen wird zum Marineminister ernannt.
8.
„ Die aus fünf englischen und fünf amerikanischen Bevollmächtigten
zusammengesetzte Commission behufs der freundschaftlichen Schlichtung
der zwischen England und der Union schwebenden Differenzen tritt in
Washington zusammen.