Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

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Rom. 
Die Civilehe, die Ablösung des Zehnten vom Kirchengute, die Säculari- 
sirung und der Verkauf eines Theils desselben, die Militärpflicht der Kleriker, 
die Mittheilung der Kirchenbücher und des Klosterinventars an die weltlichen 
Behörden stehen dabei obenan. Die Unterzeichneten verwerfen die durch die 
Besetzung Roms geschaffene Lage, und sind voll Bewunderung der hohen Re- 
signation Sr. Heil. „In der Residenz des Vaticans eingeschlossen, geben Sie, 
heiligster Vater, der ganzen Welt das Beispiel eines Helden der Stärke und 
Geduld. Das bezeugt die Unterdrückung Ihrer Encyklica, Ihr langes Schwei- 
gen, das Unterlassen Ihrer persönlichen Theilnahme an den kirchlichen Func- 
tionen, welche die heilige Stadt Rom auch bei den fremden Nationen berühmt 
gemacht hatten. Für das gute Römervolk ist dieß die Ursache großer Trauer 
geworden, so daß ihm heute zu Muth ist, als lebte es in dem Lande der 
Verbannten. . Wir wiederholen es noch einmal, daß unter den gegebenen 
Zeitverhältnissen die Kirche nicht frei, nicht ruhig sein kann, wenn ihr erhabenes 
Oberhaupt mit der Tiara nicht auch die Krone, mit dem Kreuze das Scepter 
mit der Würde des Pontifex nicht auch die Autorität des Fürsten vereinigt, 
es ist nur zwischen dem Souverän und dem Gefangenen zu wählen.“ 
2. März. Der Papst protestirt in einem Breve an den Cardinal Patrizi, 
seinen General-Vicar, gegen die Anfechtungen des Jesuitenordens und 
weist das ital. Garantiegesetz seinerseits zurück: 
„ . Es haben alle Feinde der Kirche die geistlichen Orden am meisten 
verfolgt; unter diesen pflegten sie aber den Haupttheil ihres Hasses der Ge- 
sellschaft Jesu zuzuwenden, weil sie dieselbe nämlich für thätiger und des- 
halb ihren Plänen für gefährlicher hielten. Mit Bedauern sehen wir dies 
auch jetzt sich wiederholen, wo die Eindringlinge in unsere weltliche Macht in 
ihrer, freilich dem Näuber selbst immer verhängnißvollen Beutegier die Unter- 
drückung aller religiösen Orden mit den Jesuiten beginnen zu wollen scheinen. 
Um nun dieses Verbrechen vorzubereiten, suchen sie dieselben beim Volke ver- 
haßt zu machen, klagen sie feindseliger Gesinnung gegen die gegenwärtige 
Regierung an, verschreien sie insbesondere, als ob sie eine große Macht und 
Ansehen über uns hätten, die dann auch uns gegen jene Regierung feind- 
seliger stimme und uns überhaupt derartig umgebe, daß wir, was wir nur 
immer thun, nur auf ihren Rath hin ausführen; diese thörichte Verleumdung, 
außerdem daß sie darauf ausgeht, uns der Verachtung preiszugeben, indem 
wir ja völlig schwachsinnig und unfähig sein sollen, irgend einen Entschluß zu 
fassen, erweist sich überdies als durchaus absurd. Es wissen ja Alle, daß der 
Papst nach Anrufung der Erleuchtung und des Beistandes Gottes endlich nur 
das thun und anwenden werde, was er für recht und ersprießlich für die 
Kirche hält, daß er aber in wichtigeren Angelegenheiten sich der Beihilfe der- 
jenigen zu bedienen pflege, mögen sie dann was immer für einem Range, 
Stande oder religiösen Orden angehören, die ihm in dem betreffenden Gegen- 
stande mehr Erfahrung und Fähigkeit zu haben scheinen, ihm einen verstän- 
digeren und klügeren Rath zu geben. Es ist wahr, daß wir öfters BVäter 
der Gesellschaft Jesu verwenden und daß wir ihnen verschiedene Geschäfte, na- 
mentlich das heilige Predigtamt übertragen, worin sie uns immer mehr jene 
Thätigkeit und jenen Eifer bewähren, für welchen sie schon von unseren Vor- 
fahren oft und so vorzüglich belobt wurden. Doch diese unsere durchaus 
billige Liebe und diese Hochschätzung der um die Kirche Christi, diesen aposto- 
lischen Stuhl und um das christliche Volk stets so ausnehmend verdienten 
Gesellschaft ist weit entfernt von jenem knechtischen Gehorsam, den die Lästerer 
derselben erdichten — eine Verleumdung, die wir mit Indignation von uns 
und von der bescheidenen Hingebung dieser besten Väter zurückweisen - 
Der Papst fährt dann fort: „Gerne möchten wir nun bei dieser Gelegenheit 
uoch länger dich auch mit anderen täglich sich mehrenden Ursachen unseres 
Schmerzes hinhalten; doch da ihre Zahl so groß, daß sie in dem engen Nah-
	        
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