Rom. 421
men eines Briefes sich nicht besprechen lassen, so wollen wir nur noch die Eine
Lüge der Zugeständnisse, der sogenannten „Garantien“, berühren, wo
man nicht weiß, was eigentlich den ersten Platz einnehme, ob die Absurdität,
oder die Verschlagenheit, oder der Hohn, woran die Lenker der subalpinischen
Regierung schon lange eifrig, jedoch nutzlos arbeiten. Da fie sich nämlich
durch die gemeinsame Forderung der Katholiken und die politische Nothwendig-
keit gezwungen sehen, wenigstens einen Schein unserer königlichen Gewalt noch
aufrechtzuerhalten, damit wir in der Ausübung unserer höchsten kirchlichen
Regierung von Niemandem abhängig erscheinen, glaubten sie das durch Zuge-
ständnisse erreichen zu können. Da aber ein Zugeständniß schon seiner Natur
nach eine Gewalt des Zugestehenden über denjenigen, welchem das Zugeständniß
gemacht wird, voraussetzt und diesen, wenigstens was die zugestandene Sache
anbelangt, der Botmäßigkeit und dem freien Ermessen des Zugestehenden an-
heimstellt, so ist ihr Bestreben, unsere oberste Gewalt durch solche Mittel, die
sie gerade gänzlich untergraben, in ihrer höchsten Höhe zu begründen, noth-
wendig verlorene Mühe. Der innerste Kern dieser Zugeständnisse ist aber der,
daß ein jedes erst eine eigene Dienstbarkeit mit sich bringt, die dann durch die
später angebrachten Amendements nur noch härter wird. Der feindselige und
unredliche Charakter derselben, der, wenn auch schlau verhüllt, dennoch daraus
hervorspringt, erhält durch die ununterbrochene Kette von Thatsachen überdies
eine solche Illustration, daß kein Vernünftiger dadurch getäuscht werden kann,
und daß dadurch jenen Zugeständnissen ganz offen das Zeichen, als wollte man
Einen zum Besten haben, aufgedrückt wird. Doch wenn die Kirche das Bild
ihres göttlichen Stifters an sich tragen muß, müssen wir, die wir, wenngleich
ohne unser Verdienst, die Stelle Christi hier auf Erden vertreten, ihm nicht
Dank sagen, daß er auch uns mit dem Spottzeichen des Königthums um-
geben ließ? Wahrhaftig, auf diese Weise hat er die Welt besiegt; auf diese
Weise wird er auch durch seine Braut, die Kirche, wiederum über die Welt
triumphiren."
26. April. Der neue Botschafter Frankreichs, Marquis d'Harcourt überreicht
dem Papst seine Creditive.
Der Bericht des Gesandten über seinen Empfang wird später (Ende Oct.)
von Jules Favre, dem damaligen Minister des Ausw., in einer Broschüre
veröffentlicht. Danach hätte der Papst auf die Anrede des Botschafters wört-
lich geantwortet: „ . Ich bin empfänglich für den Wunsch, welchen Sie
mir überbringen. Alle Welt hat Interesse, daß der Staat Rom nicht das
bleibt, was er ist. Sie haben heute Verlegenheiten, welche Ihnen nicht Ihre
ganze Actionsfreiheit lassen. Ich verlange nicht mehr, als ich verlangen kann.
Ich wünsche nur, daß Ihre Regierung dem italienischen Cabinet Rathschläge
der Klugheit gebe, daß sie ihm sage, darauf zu sehen, langsam vorzugehen,
keine überstürzten Maßregeln anzunehmen, nicht Bahnen zu betreten, die leicht
gefährlich werden könnten. Sie wollen mit aller Gewalt in Nom eine defini-
tive Niederlassung errichten, und tausend Gründe wollen, daß Nom nicht ihre
Hauptstadt werden kann: die Zukunft wird das sein, was Gott gefallen wird.
Die Souveränetät kann man in Zeiten, wie diese, nicht wieder aufsuchen; ich
weiß dieses besser denn irgend Jemand. Alles, was ich wünsche, ist ein
kleines Stück Land, wo ich Herr sein würde. Wenn man mir anbieten
würde, mir meine Staaten zurückzugeben, so würde ich es nicht annehmen; aber
so lange ich nicht dieses kleine Stück Land haben werde, kann ich meine geistlichen
Functionen nicht in ihrer Fülle ausüben.“ Jules Favre bemerkt seinerseits
zu dieser Antwort: „Es ist unmöglich, beim Lesen der Antwort des heil.
Vaters nicht von der Mäßigung — ich gehe weiter —, von der Resignation,
deren Abdruck sie trägt, betroffen zu sein. Niemals drückte sich der Papst der
Regierung Victor Emanuel's gegenüber auf diese Weise aus: er nennt sie
eitalienisches Cabinet"“, er gibt ihr Rathschläge der Klugheit. Er sagt ihr