Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

Rom. 425 
man Garantiegesetz nennt, so wie wir es in unserer Encyklica vom 15. Mai 
klar und deutlich gesagt, zurückweisen. Bei dieser Gelegenheit aber können 
wir nicht mit Stillschweigen übergehen die gottlose Verworfenheit und Schlech- 
tigkeit einiger Leute in einem anderen Lande Europas, welche, von der 
Regel und von der Gemeinschaft der katholischen Kirche jämmerlich abweichend, 
sowohl durch Schriften voll Irrthümer und Lügen aller Art, als durch sacri- 
legische Congresse die Autorität des hochheiligen ökumenischen, vaticanischen 
Concils und die von demselben feierlich erklärten und definirten Glaubens- 
wahrheiten und namentlich die oberste und volle Jurisdictions-Gewalt, welche 
der römische Papst, der Nachfolger Petri, über die ganze Kirche nach gött- 
licher Anordnung innehat, sowie die Prärogative des unfehlbaren Lehramtes, 
die er besitzt, wenn er sein Amt als oberster Hirte und Lehrer der Gläubigen 
bei dr Entscheidung von Glaubens= und Sittenlehren ausübt, öffentlich be- 
kämpfen. 
„Um aber die Verfolgung der weltlichen Gewalt gegen die katholische Kirche 
zu erregen, trachten diese Söhne des Verderbens, ihr trüglich einzureden, durch 
die Deerete des vaticanischen Concils sei die alte Lehre der Kirche geändert 
worden und dem Staate, sowie der bürgerlichen Gesellschaft eine schwere Gefahr 
erwachsen. Was kann aber Boshafteres oder zugleich Abgeschmackteres er- 
dichtet und ausgedacht werden, ehrwürdige Brüder, als diese Verleumdungen? 
Nichtsdestoweniger ist es bedauerlicherweise irgendwo vorgekommen, daß 
die Minister des Staates selbst, von solchen gottlosen Einflüsterungen 
eingenommen und ohne Rücksicht auf die Verletzung der Gefühle des gläubigen 
Volkes, kein Bedenken trugen, die neuen Sectirer in ihrer Auflehnung offen 
mit ihrem Schutze zu decken und durch ihre Gunst zu bestärken. Indem wir 
das in gedrängter Kürze im Kummer unseres Herzens heute vor euch beklagen, 
erkennen wir, daß wir wohlverdientes Lob den ausgezeichneten Bischöfen jenes 
Landes zollen müssen, unter denen wir zu seiner Ehre unsern ehrwürdigen 
Bruder, den Erzbischof von München, noch besonders nennen.“ 
Der Papst macht diese Ernennungen ital. Bischöfe, ohne sich vorher darüber 
mit der ital. Regierung verständigt zu haben, macht sich also das Garantie- 
gesetz thatsächlich zu Nutze in demselben Augenblick, da er es in aller Form 
zurückweist. Die neu ernannten Bischöfe erhalten den Befehl, ihre Ernennungs- 
urkunden der ital. Regierung nicht vorzulegen. Die einfache Folge davon ist, 
daß die Letztere von ihnen keine Notiz nimmt und sie demgemäß auch nicht 
in die bischöfl. Einkünfte einweist. Dieselben müssen sich daher behelfen, so 
gut sie können. 
24. Nov. Der Papst ernennt neuerdings 14 ital. Bischöfe. 
22. Dec. Der Papst ernennt weitere 19 ital. Bischöfe. 
31. „ Der Papst hat während des ganzen Jahres keinen Fuß außerhalb 
des Vaticans gesetzt, sondern sich fortwährend als „Gefangener“ in 
demselben eingeschlossen. 
 
	        
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