Full text: Europäischer Geschichtskalender. Chronik und geschichtlicher Überblick der denkwürdigen Jahre 1870 und 1871. Zweiter Band. (11a)

Peilagen. 471 
sobald die deutsche Regierung die Herstellung der Ordnung sowohl in Frankreich als 
in Paris für genügend erachtet, um die Ausführung der durch Frankreich übernom- 
menen Verpflichtungen sicher zu stellen. In allen Fällen wird diese Räumung bei 
Zahlung der dritten halben Milliarde Statt finden. Die deutschen Truppen behalten 
im Interesse ihrer Sicherheit die Verfügung über die neutrale Zone zwischen der 
deutschen Demarkationslinie und der Umwallung von Paris auf dem rechten Ufer 
der Seine. Die Stipulationen des Vertrages vom 26. Februar, bezüglich auf die 
Occupation französischen Gebietes nach Zahlung der beiden Milliarden, bleiben in 
Kraft. Von der Zahlung der ersten fünfhundert Millionen können keine Abzüge, 
wozu die französische Regierung berechtigt sein könnte, gemacht werden. 
Art. 8. Die deutschen Truppen werden fortfahren, sich der Requisitionen in 
natura und Geld in den besetzten Territorien zu enthalten; da diese Verpflichtung 
ihrerseits in gegenseitiger Beziehung steht zu der von der französischen Regierung 
übernommenen Verpflichtung, sie zu unterhalten, so werden im Falle, daß trotz wieder- 
holter Anforderungen der deutschen Regierung die französische Regierung in Aus- 
führung besagter Verpflichtung zurückbleiben sollte, die deutschen Truppen das Recht 
haben, sich das Nöthige für ihre Bedürfnisse durch Erhebung von Steuern und Re- 
quisitionen in den besetzten Departements zu verschaffen, und selbst außerhalb der- 
selben, wenn deren Hülfsmittel nicht hinreichen sollten. Bezlüglich der Verpflegung 
der deuischen Truppen werden die gegenwärtig ins Kraft stehenden Anordnungen bei- 
behalten bis zur Räumung der Forts von Paris. Kraft des Vertrages von Fer- 
rières vom 11. März 1871 werden die durch diesen Vertrag angegebenen Reduktionen 
zur Ausführung kommen nach Räumung der Forts. Sobald der Effektivstand der 
deutschen Armee unter die Zahl von 500,000 Mann herabgesunken sein wird, so 
werden die unter diese Zahl gemachten Reduktionen angerechnet werden, um eine ver- 
hältnißmäßige Verminderung der von der französischen Regierung bezahlten Unter- 
haltungskosten für die Truppen herzustellen. 
Art. 9. Die gegenwärtig den Erzeugnissen der Industrie in den abgetretenen 
Gebieten zur Einfuhr nach Frankreich gestattete Ausnahmebehandlung wird für einen 
Zeitraum von sechs Monaten, vom 1. März an gerechnet, unter den mit den Dele- 
girten des Elsasses vereinbarten Bedingungen aufrechterhalten. 
Art. 10. Die deutsche Regierung wird fortfahren, die Kriegsgefangenen zurück- 
kehren zu lassen, indem sie sich mit der französischen Regierung in Einvernehmen setzt. 
Die französische Regierung wird diejenigen dieser Gefangenen, welche verabschiedet 
werden können, in ihre Heimath zurücksenden. Diejenigen, welche ihre Dienstzeit noch 
nicht zurückgelegt, haben sich hinter die Loire zurückzuziehen. Es ist vereinbart, daß 
die Armee von Paris und von Versailles, nach Herstellung der Autorität der fran- 
zösischen Regierung in Paris und bis zur Räumung der Forts von Seiten der 
deutschen Truppen, 80,000 Mann nicht übersteigen soll. Bis zu dieser Näumung 
kann die französische Regierung keine Truppenzusammenziehung auf dem rechten Ufer 
der Loire vornehmen, jedoch wird sie die regelmäßigen Besatzungen der in dieser Zone 
gelegenen Städte, gemäß den Bedürfnissen der Aufrechthaltung der Ordnung und 
der öffentlichen Ruhe, stellen. Nach Maßgabe des Fortschritts der Räumung werden 
sich die Kommandanten der Truppen über eine neutrale Zone zwischen den Armeen 
der beiden Nationen verständigen. Zwanzigtausend Gefangene sollen ohne Verzug 
nach Lyon dirigirt werden, unter der Bedingung, daß sie nach ihrer Organisirung 
sofort nach Algerien geschickt werden, um in dieser Kolonie zur Verwendung zu kommen. 
Art. 11. Da die Handelsverträge mit den verschiedenen Staaten Deutschlands 
durch den Krieg aufgehoben sind, werden die französische und die deutsche Regierung 
zur Grundlage ihrer Handelsbeziehungen den Grundsatz der gegenseitigen Behandlung 
auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation nehmen. In diesem Grundsatz sind ein- 
begriffen die Eingangs= und Ausgangsrechte, der durchgehende Verkehr, die Zollforma- 
litäten, die Zulassung und Behandlung der Unterthanen beider Nationen und der 
Vertreter derselben. Jedoch sind ausgenommen von obigem Grundsatz die Begünsti- 
gungen, welche eine der vertragschließenden Parteien durch Handelsverträge anderen 
Ländern gewährt hat oder gewähren wird, als den folgenden: England, Belgien,
	        
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