560 Kebersicht der Ereignisse des Tahres 1871.
scheint. In dem Ku-Klux-Klan hat die Nachsucht der Besiegten, der
Negerhaß der abgesetzten Privilegirten, die Ruchlosigkeit verzweifelter Bank-
ruttirer sich eine Waffe- geschmiedet, gegen die die Unionsregierung bisher
weder mit versöhnlicher Schonung, noch mit den Mitteln militärischer Ge-
walt Erhebliches auszurichten vermochte. Nur eine Verwaltung von ausge-
suchter Wachsamkeit, Befähigung und Redlichkeit wäre im Stande gewesen,
die gährenden Staaten des Südens allmählich in gesetzliche Zustände und
ehrliche Versöhmung mit dem Norden hinüberzuleiten. An solchen Beamten
aber fehlt es dem Norden vollständig. Die Bande von Blutsaugern, Spitz-
buben und Freibeutern, die er für den Süden allein übrig hatte, konnte
andre Früchte nicht zeitigen, als sie hier reif geworden sind.
Aber ein Schelm gibt Besseres als er hat. Die Verwaltung der
Nordstaaten selber zeigte im verflossenen Jahre Symptome einer Fäulniß der
fürchterlichsten Art, das innere Leben dieser Republiken durchgängig einen
Verfall des öffentlichen Geistes, ein Getümmel politischer Unsittlichkeit, wie
das in Monarchieen nur am Vorabend großer Katastrophen vorkommt. Die
größte und angesehenste Stadt der vereinigten Staaten New-VYork war
auch der Hauptsitz dieser Corruption, von der alle übrigen mehr oder we-
niger angesteckt sind. Staat und Stadt New-York ward seit Jahren von
einer Gesellschaft ausgesuchter Schurken verwaltet, die unter dem Namen Tam-
many-Ning sprichwörtlich geworden ist für den Auswurf gewissenloser Staats-
dieberei. Um einen Herrn Tweed, der als armer Schlucker in die städtische
Verwaltung gekommen war, um in dieser binnen ganz kurzer Zeit ein riesiges.
Vermögen zu erraffen, hatte sich ein ganzer Kreis von Verschwornen ge-
sammelt, die mit Hilfe des allgemeinen Stimmrechts der verworfensten Pöbel-
masse der Welt in alle Aemter des Staates und der Stadt eindrangen,
Senatoren, Repräsentanten und Mitglieder des Staatsgerichtshofs mit baarem
Gelde bestachen, daß sie bei ihren colossalen Unterschleifen und Betrügereien
ein Auge zudrückten, wenn nicht geradezu hilfreiche Hand leisteten. Unter
dieser Verwaltung, unter deren Händen Millionen Dollars spurlos ver-
schwanden, kam es dahin, daß New-York bei einer jährlichen Steuerlast von
30 Millionen immer tiefer in Schulden gerieth, ohne daß ein Mensch an-
zugeben wußte, wie das zugieng. Die Times von New-York kam endlich
den Maulwurfsgängen dieser Verbrecher-Bande auf die Spur und zog That-
sachen ans Licht, die haarsträubend waren. In der besseren Bürgerschaft
erwachte eine kräftige Neaction, der bei den neuen Wahlen der Tammany-=
Ning nach heftigem Widerstand erlag. Auf die Frage aber, wie solche