76 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
16. März. (Deutsch-franz. Krieg.) Convention zwischen Gen. v. Fabrice
und Bevollmächtigten der franz. Regierung über die Erhebung der
Steuern in den von den deutschen Truppen besetzten Departements,
sowie über die Verwaltung in den occupirten franz. Landestheilen.
„ „ (Preußen.) Die Stadtverordneten-Versammlung von Berlin be-
schließt, Bismarck und Moltke das Ehrenbürgerrecht der Stadt zu
verleihen und deren Büsten im Rathhause aufzustellen.
17. „ (Preußen.) Der Kaiser trifft mit dem Kronprinzen und Moltke
wieder in Berlin ein und wird mit Begeisterung empfangen.
18. „ (Preußen.) Der Cultusminister v. Mühler wahrt gegenüber
den Zumuthungen des Bischofs von Ermland sehr entschieden die
Rechte des Staats:
Bescheid des Cultusministers v. Mühler an den Bischof:
„Ew. etc. etc. erwidere ich auf das Schreiben vom 15. ds. Mts., daß ich den
Maßnahmen, welche Sie dem Religionslehrer Dr. Wollmann und dem Seminar-
direktor Dr. Treibel gegenüber wegen ihrer Stellung zu den Beschlüssen des
vaticanischen Concils theils angeordnet, theils in Aussicht gestellt haben, eine
rechtliche Wirkung in Beziehung auf das von den Betheiligten bekleidete Staats-
amt nicht zugestehen kann und hiervon das königliche Provinzial-Schulcolle-
gium zu Königsberg in Kenntniß gesetzt habe.“ Da der Bischof nichtsdesto-
weniger den genannten Lehrern die Ausübung ihrer amtlichen Funktionen
untersagt und über sie die Suspension verhängt, erfolgt an den Gymnasial-
director Prof. Braun auf Grund obigen Ministerialerlasses nachstehende Ver-
fügung des königl. Provinzialschulcollegiums: „Da sowohl die
Berufung des Dr. W. auf seinen dortigen Posten, als auch die Regelung
seiner dortigen Amtsthätigkeit von der Staatsbehörde ausgegangen ist, so hat
auch nur die Staatsbehörde das Recht, hier, falls nöthig, einzugreifen resp.
Abänderungen anzuordnen. Dem Bischof steht keinerlei Recht zu, in die Or-
ganisation des Gymnasiums einzugreifen, oder die Amtsthätigkeit eines Lehrers
an demselben zu inhibiren. Glaubt der Bischof, was uns unerfindlich ist,
den Nachweis liefern zu können, daß der Dr. W. zur Ertheilung des Religions-
unterrichts die Fähigkeit verloren habe, so hat sich derselbe dieserhalb vorerst
mit der competenten Staatsbehörde ins Benehmen zu setzen. Keinenfalls aber
hat der Religionslehrer Befehle rc. rücksichtlich seiner Amtsthätigkeit anders
als nur durch seine vorgesetzte Staatsbehörde entgegenzunehmen. Wir er-
warten daher, daß der Dr. W. die ihm übertragenen Lectionen nach wie
vor abhalten werde, was Ew. Wohlgeboren demselben zur Pflicht machen
wollen.“
Gleichzeitig richtet der Minister folgenden Erlaß an das Provinzialschul-
collegium zu Coblenz: „Auf die Berichte vom 5. Januar und 21. Februar c.
erkläre ich aus Anlaß der Verfügung, welche der Herr Erzbischof von Köln
unter dem 10. Dezember v. Js. an die katholischen Religionslehrer bei den
Gymnasien erlassen hat, mich mit der Absicht des königl. Provinzial-Schul-
collegiums einverstanden, die katholischen Religionslehrer durch die Directoren
der höheren Unterrichtsanstalten dahin mit Anweisung zu versehen, daß sie
die Erlasse oder Bekanntmachungen ihrer kirchlichen Oberbehörde in den Schul-
klassen nur nach vorheriger Genehmigung des Vorstehers der Anstalt mit-
theilen dürfen. Abschrift dieses Erlasses ist zugleich allen königl. Provinzial-
Schulcollegien zur Befolgung zugestellt worden.“ Gemäß der angezogenen
Verfügung des Erzbischofes von Köln hatten die Religionslehrer an sämmt-
lichen höheren Lehranstalten der Erzdiöcese außer dem Fuldaer Hirtenbrief
vom Jahre 1870 und einer erzbischöflichen Belehrung über die Unfehlbarkeit