Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

120 Pas deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
zeichnete hohe Schule zu Straßburg in ihrer früheren einheitlichen Gestaltung 
als Universilät wieder ins Leben trete. Wir begründen demnach diese Hoch- 
schule, die aus dem Elsaß und aus Lothringen so viele hochgelehrte Lehrer 
empfing und diesen Ländern wie der Welt Männer, tüchtig in allen Zweigen 
der Wissenschaft, zurückgegeben hat, von Neuem, auf daß an ihr im Dienst 
der Wahrheit die Wissenschaft gepflegt, die Jugend gelehrt und so der Boden 
bereitet werde, auf welchem mit geistiger Erkenntniß wahrhafte Gottesfurcht 
und Hingebung für das Gemeinwesen gedeihen. Durch das von Uns am 
heutigen Tage vollzogene Gesetz sind die aus der Zersplitterung der früheren 
Universität entstandenen Fachschulen und Fakultäten aufgehoben und alle Rechte 
derselben auf die neue Hochschule — als eine öffentliche Anstalt im gesetzlichen 
Sinn — übertragen worden. Wir wollen, daß die Universität mit allem zur 
Erfüllung ihrer Aufgabe nothwendigen, insbesondere mit den nöthigen wissen- 
schaftlichen Hilfsanstalten ausgestattet und daß für deren Erhaltung den An- 
forderungen der Wissenschaft entsprechend Sorge getragen werde. Vorläufig 
und bis zur Herstellung anderer Gebäude überweisen Wir der Universität die 
bisher von der Akademie benutzten Gebäude, außer welchen sie auch die 
von der Stadtgemeinde Straßburg zeitweise zur Verfügung gestellten Räume 
im Schloß gemeinschaftlich mit der Universitäts= und Landesbibliothek zu be- 
nugen hat. Wir verleihen derselben das Recht, ihre eigenen Universitäts= und 
Fakultätsangelegenheiten nach der in dem Universitätsstatut zu gebenden Ord- 
nung zu verwalten und sich ihren Rektor unter Unserer Genehmigung, sowie 
die Dekane ihrer Fakultäten selbst zu bestellen; Wir verleihen den Fakultäten 
das Recht, den Doktorgrad unter Autorität der Universität nach einer von 
den Fakultäten selbst aufzustellenden Promotionsordnung zu ertheilen, Überzeugt, 
daß diese Würde nur an Solche vergeben werden wird, welche durch den Ernst 
ihrer wissenschaftlichen Leistung das Ansehen der Hochschule in neuen Glanz 
zu bringen geeignet sind. Wir gewähren, daß die Fakultäten nach von ihnen 
selbst gegebener Habilitationsordnung neue in der Wissenschaft bewährte Lehrer 
zum Lehramte in ihrer Mitte zulassen, verordnen endlich, daß die Universität 
Straßburg das Siegel der alten Universität Straßburg führe, wie es ihr 
von dem ersten Begründer der Hochschule verliehen worden ist, mit der Um- 
schrift: „Sigillum Academiae Argentinensis“. Die Ernennung des ersten 
Rektors der Universität, der sein Amt verwalten soll, bis der nach dem Statut 
zu wählende Rektor dasselbe übernimmt, behalten Wir Uns vor. Urkundlich 
unter Unserer Höchsteigenhändigen unterschrift und beigedrucktem kaiserlichen 
Insiegel. Gegeben Berlin, 28. April 1872. Wilhelm. Fürst v. Bismarck.“ 
30. April. (Deutsches Reich.) Reichstag: Die für den Entwurf eines 
Militärstrafgesetzes niedergesetzte Commission einigt- sich mit der Re- 
gierung über den darin hauptsächlich streitigen Punct des sog. strengen 
Arrestes mit 12 gegen 9 Stimmen und nimmt das Ganze mit 15 
gegen 6 Stimmen an, so daß auch an der Zustimmung des Reichs- 
tags nicht mehr gezweifelt wird. 
„ (Sachsen.) Das Ob. App.Gericht bestätigt das gegen Bebel und 
und Liebknecht gefällte Urtheil. 
1. Mai. (Deutsches Reich.) Der deutsche Geschäftsträger in Rom, 
v. Derenthal, verlangt vom Cardinal-Statssecretär Antwort auf seine 
Notification v. 25. v. M. Inzwischen bringen ultramontane deutsche 
Blätter an diesem Tage schon die telegraphische Depesche aus (dem 
Vatican) Rom, daß der Papst die Annahme des Cardinals Hohen- 
lohe als deutschen Botschafters ablehne.
	        
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