Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

122 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
lichkeitsgefühle für die Fortexistenz unserer mit Mühe begründeten Reichs- 
Institutionen und deren Consolidirung durchdringen und es nicht allein den 
Negierungen überlassen möge, Abhilfen zu suchen, der Neichsvertretung aber 
allein das Recht zu vindiciren, zu tadeln, wegzuschneiden. Bei einem solchen 
Antrage, wie der zuerst gestellte, der bloß auf den Wegfall einer wesentlichen 
Steuer, ohne Vorschlag irgend eines Ersatzes gestellt wurde, wundere ich mich 
nicht, alle Elemente zu sehen, die ich vorher centrifugale Elemente nannte, 
solche, denen wenigstens eine Befestigung des Reiches nicht wünschenswerth ist. 
Diese darunter zu sehen, habe ich mich nicht gewundert; aber wenn ich die 
cifrigsten, hingebendsten Mitarbeiter an dem Zustandekommen, an der Be- 
sestigung des Reiches mit unterschrieben gefunden habe, so habe ich mir gesagt: 
uns fehlt noch in einem für mich schmerzlichen Maße das Gefühl der staat- 
lichen Verantwortlichkeit in unserer Gesammtvertretung. 
Der Bundesrath: beschließt in einer Sitzung vom gleichen Tage 
zur Prüfung der Frage wegen Aufhebung der Salzsteuer bezw. einer 
hiefür zu beschaffenden Compensation eine besondere Commission nieder- 
zusetzen. 
1. Mai. (Elsaß-Lothringen.) Feierliche Eröffnung der Universität 
Straßburg. Hervorragende Männer aus ganz Deutschlaud betheiligen 
sich an den Festlichkeiten. 
2. „ (Deutsches Reich.) Der deutsche Geschäftsträger in Rom er- 
hält von Cardinal Antonelli bez. der Wahl des Cardinals Hohen- 
lohe als Vertreter des deutschen Reichs beim hl. Stuhl die ablehnende 
Antwort, 
„daß, während Se. Heiligkeit für den Gedanken Sr. Majestät des Kaisers 
und Königs empfänglich ist, Sie doch bedauert, einen Cardinal der heiligen 
römischen Kirche, auch wegen der augenblicklichen Umstände des heil. Stuhls, 
pictt autorisiren zu können zur Annahme eines so delikaten und wichtigen 
mtes.“ 
„ (Preußen.) Der Fürstbischof von Breslau excommunicirt den 
Professor Reinkens und andere Priester wegen des Unfehlbarkeits- 
dogmas. 
3.—4. Mai. (Preußen.) Eine Versammlung der Generalsuperintendenten 
und Consistorialpräsidenten der evangelischen Kirche beschließt einen 
Hirtenbrief an die sämmtlichen Geistlichen der Landeskirche, verständigt 
sich über „die practischen und principiellen Fragen, die sich bei den 
Lisco-Sydow'schen Fall aufgedrängt hatten und einigt sich zu einem 
möglichst umsichtigen, aber auch entschiedenen Handeln bez. fundamen- 
taler Lehrabweichungen“. 
7. „ (Deutsches Reich.) Neichstag: Delegirte der verschiedenen libe- 
ralen Fractionen einigen sich im allgemeinen über einen Antrag gegen 
den Jesuitenorden im Anschluß an die Petitionen gegen denselben. 
8. „ (Deutsches Reich.) Ein Artikel der preußischen Prov.-Corr. 
erklärt, daß die Wahl des Cardinals Hohenlohe zum Botschafter bei 
der römischen Curie offenbar „ein Schritt der Versöhnlichkeit und zu- 
versichtlichen Entgegenkommens“ gewesen sei und meint von der ab- 
lehnenden Antwort des Papstes: 
  
 
	        
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