Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Das deutsche Reich und seine einjelnen Slieder. 
über die Erwerbung und den Verlust der Bundes= und Staatsangehörigkeit 
zu ertheilen, jedes derartige Gesuch eines Jesuiten ist vielmehr zunächst dem 
mitunterfertigten k. Staatsministerium des Innern vorzulegen. Die zum Voll- 
zuge des Gesetzes in den einzelnen Fällen erforderlichen Anordnungen werden, 
so weit es sich um den Orden der Gesellschaft Jesu handelt, von den Distrikts- 
polizeibehörden — vorbehaltlich des Oberaufsichtsrechtes der denselben vorge- 
gesetzten Stellen — getroffen; jedoch wird bemerkt, daß die nach § 2 des Ge- 
setzes zulässige Anweisung eines Aufenthaltes in bestimmten Bezirken oder 
Orten der Regel nach auf diejenigen Fälle zu beschränken ist, in welchen der 
betr. Ordensangehörige sich außer Stand erklärt, selbst einen bestimmten, ihm 
nicht untersagten Aufenthalt zu wählen. Von allen Fällen, in denen aus- 
ländische Angehörige des mehrgenannten Ordens ausgewiesen worden sind und 
deutschen Angehörigen desselben der Aufenthalt in bestimmten Orten oder 
Bezirken versagt oder in solchen angewiesen wurde, ist unter Angabe des Na- 
mens und der persönlichen Verhältnisse der von diesen Maßregeln betroffenen 
Personen sofort Anzeige an das mitunterfertigte k. Staatsministerium des 
Innern zu erstatten. Hiernach hat die k. Regierung ungesäumt das Weitere 
zu versügen und sämmtlichen Distriktspolizeibehörden einen Abdruck mitzu- 
theilen. Auf Sr. Mcajestät des Königs allerhöchsten Befehl — München 2c. — 
v. Lutz. v. Pfeufer.“ 
9. Sept. (Preußen.) Fürst Bismarck antwortet im Auftrag des Kaisers 
auf den Brief des Bischofs von Ermeland vom 5. d. M. an den 
letzteren, indem er nunmehr ganz bestimmt präcisirt, was von ihm 
verlangt wird: 
„Ew. b. Gn. Erklärung an Se. Majestät den Kaiser und König vom 
5. d. M. trägt in der Form einen entgegenkommenden Charakter, und ich verschließe 
mich der Hoffnung nicht, daß es Ew. b. Gn. möglich sein werde, Se. Maj., 
unseren allergnädigsten Herren, in den Stand zu setzen, daß er Sie empfangen 
könne. Als amtlicher Rathgeber Sr. Majestät des Kaisers und Königs kann 
ich Ew. b. Gu. persönlichen Empfang durch Allerhöchstdenselben erst dann mit 
der Würde der Krone verträglich halten, wenn jeder Zweifel darüber gehoben 
ist, daß Sie die Autorität der von unseren Königen gegebenen Gesetze dieses 
Landes unbedingt und vollständig anerkennen. Ew. b. Gn. haben 
gegen die Landesgesetze gefehlt, indem Sie die große Excom- 
munication ohne Vorwissen der Regierung gegen Unterthanen 
Sr. Maj. des Königs öffentlich verhängten. Es kann Ew. b. Gn. 
meines Erachtens nicht schwer werden, diese Thatsache Ihrem Landesherrn 
gegenlber anzuerkennen. Sobald dieses erfolgte, würde ich mich freuen, jede 
Schwierigkeit gehoben zu sehen, welche sich bis heute noch Ihrem persönlichen 
Empfange durch Se. Maj. entgegenstellt.“ 
„ —12. Sept. Generalversammlung der katholischen Vereine Deutschlands 
in Breslau. Dieselbe beschließt folgende Resolutionen: 
1) Die Generalversammlung hält es vor Allem für ihre Pflicht, im 
Namen der Gerechtigkeit und der Religion den Protest zu wiederholen, welchen 
die Katholiken Deutschlands bei früheren Veranlassungen gegen die frevelhafte 
Entthronung des hl. Vaters und die damit verbundene Schädigung der Rechte 
des hl. apostolischen Stuhles und der gesammten katholischen Christenheit er- 
hoben haben. 2) Die Generalversammlung erklärt das Unterfangen der 
römischen Localregierung, die Generalate der Orden, welche dem hl. Stuhle 
in der Regierung der gesammten Kirche unentbehrliche Dienste leisten, aus 
ihren Wohnhäusern zu vertreiben und ihre Beziehungen zum Papste zu er- 
schweren, als eine rechtswidrige Gewaltthat und einen unerträglichen Eingriff 
in die auf göttlichem Recht beruhende Freiheit und Selbständigkeit des kirch- 
lichen Oberhauptes. 3) Die Generalversammlung erkennt in dem durch nichts
	        
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