Pas deutsche Reich und seine einjelnen SElieder. 181
gerechtfertigtem Vorgehen gegen die Gesellschaft Jesu eine unheilvolle Maß-
regel, welche die Freiheit der Gewissen und die Rechte und Interessen der
katholischen Kirche, sowie die beschworenen Gewährleistungen unbescholtener
Staatsbürger aufs Tiefste verletzt, religiösen Hader erzeugt und das Wohl
des deutschen Vaterlandes, das auf der Pflege der Religion, wie auf dem
Frieden der Confession beruht, auf das Bedenklichste gefährdet. 4) Die Ge-
neralversammlung protestirt gegen das behauptele staatliche Schulmonopol
als gegen eine Verletzung der Rechte der Eltern, der Gemeinde und der Kirche
und fordert für die christlichen Eltern die Freiheit, ihre Kinder in Hasse
Schulen zu schicken, die ihrer Ueberzeugung entsprechen und demgemäß den
ungeschmälerten Fortbestand der vorhandenen chiistlichen und confessionellen
Schulen und Lehranstalten. 5) Da die Ehe der Christen eines der heiligen
Sacramente ist, deren Verwaltung nur der Kirche zusteht, so kann die Ge-
neralversammlung die ausgesprochene Absicht, in Deutschland die sogenannte
Civilehe gesetzlich und obligatorilch einzuführen, nur aufs Tiefste beklagen,
zumal dieses Institut der religiösen Gesinnung des deutschen Volkes zuwider
und ein Bedürfniß hierzu keineswegs vorhanden ist. Der Staat würde durch
dasselbe die Achtung vor der Heiligkeit und Unverletzlichkeit der Ehe abschwä-
chen, gar Manche zu Verbindungen veranlassen, die keine wahren und giltigen
Ehen sind und unzählige Conflicte zwischen dem Gewissen und der Gesetzge-
bung, sowie zwischen der weltlichen und kirchlichen Obrigkeit hervorrufen. Im
Interesse der Religion und Sittlichkeit, im Interesse des Friedens in den Fa-
milien, nicht minder wie in dem des Ansehens des Staates protestirt die
Generalversammlung gegen die Einführung eines solchen Gesetzes und die
damit verbundene Absicht, die Führung der Civilstandsregister der Pfarrgeist-
lichkeit zu entziehen. 6) Da die katholische Kirche eine von Gott gegründete
vollkommen in ihrem eigenen Rechtsgebiet ganz selbständige Gesellschaft ist,
weil die Vorsteher der Kirche, der Papst und die Bischöfe, von Christus dem
Herrn selbst mit der kirchlichen Regierungsgewalt ausgestattet sind, so hat
die weltliche Macht nicht das Recht, in die Jurisdictionsgewalt des heiligen
Vaters und des Episcopats oder in die demselben allein zustehende Handhabung
der kirchlichen Disciplin, in das kirchliche Straf= und Ausschließungsrecht stö-
rend einzugreifen, oder darüber die Bischöfe zur Verantwortung zu ziehen.
Die Generalversammlung sieht in jedem solchen Versuche einen Uebergriff in
ein dem Staate fremdes Gebiet und somit eine schwere Verletzung der Gerech-
tigkeit. 7) Nach dem katholischen Glauben besitzt der Papst die Fülle der von
Jesus Christus seiner Kirche hinterlassenen geistlichen Gewalt, sowohl des ewi-
gen Priesterthums, als des Lehr= und Hirtenamtes. Darum muß die Wahl
eines Papstes eine durchaus freie und den canonischen Satzungen entsprechende
sein, wobei nur auf die Interessen der Kirche Rücksicht zu nehmen ist. Keiner
weltlichen Regierung als solcher steht hiernach ein Recht auf Einmischung in
diese wichtigste Angelegenheit der katholischen Kirche zu. Die Generalversamm-
lung sieht sich veranlaßt, gegen jeden Versuch unberechtigter Einmischung welt-
licher Gewalt im Voraus zu protestiren, da leider in jüngster Zeit sich Stim-
men haben vernehmen lassen, die ohne Rücksicht auf die Forderung des Rechts
und die Lehren der Geschichte eine solche unbefugte Einmischung verlangt
haben. 8) Angesichts der zahlreichen, ebenso unerwarteten als maßlosen An-
seindungen wider die katholische Religion und Kirche, ihre Institute und
Diener, sowie gegen ihren ganzen seitherigen Rechtsbestand fordert die General-
versammlung alle von Glauben und von Liebe zur Kirche beseelten Katholiken
Deutschlands auf, sich des Wortes Christi zu erinnern, daß jeder, der nicht
für ihn ist, wider ihn ist, sich deßhalb mit Muth und Opferwilligkeit zu er-
füllen und mit Gleichgesinnten im ganzen Vaterlande zu vereinigen, um ge-
meinsam im Gebet zu Gott und im festen Anschluß an den heiligen aposto-
lischen Stuhl durch alle gesetzlichen Mittel die bedrohlichen Angriffe abzuwehren
und den rechtlichen Frieden auf neuer fester Grundlage wieder zu gewinnen.