Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 199
samkeit zu entfalten haben. 7) Die Discussion und Entscheidung über die bei
der ländlichen Arbeiterfrage noch streitigen wirthschaftspolitischen Probleme
liegt außerhalb der Competenz der Kirche."“
Der Kirchentag, eine freie Versammlung evangelischer Geistlicher und Laien
zur Berathung kirchlicher Angelegenheiten und Fragen, welche, im Sept. 1848
zu Wittenberg gegründet, will alle auf dem Boden der Bekenntnißschriften
flehenden Kirchengesellschaften umfassen und zählt fast 800 Theilnehmer. Die
dießjährigen Verhandlungen zeigen einen gegen denjenigen früherer Jahre
entschieden milderen und versöhnlicheren, auch denjenigen, die in ihren Ueberzeu-
gungen von denjenigen der Versammlung abweichen, entgegenkommenderen Ton.
. Oct. (Preußen.) Der Geh. Rath Stiehl, der Urheber der preuß.
Schulregulative, wird auf den 31. Dec. d. J. definitiv entlassen und
bis dahin weiter beurlaubt. Die berufenen Schulregulative sind im
preuß. Unterrichtsministerium endgültig ein überwundener Standpunkt.
„ (Preußen.) Differenz zulschen dem Bischof von Münster und
der Regierung aus Anlaß der Wiederbesetzung der erledigten ordent-
lichen Professur in der philosophischen Facultät der Akademie zu
Münster.
Von den fünf altkatholischen Professoren der Facultät ist für den Lehr-
stuhl der altkatholische Gymnasiallehrer Dr. W. Schuppe am Bentheim-
Gymnasium in Vorschlag gebracht, gegen dessen Berufung bie beiden üÜbrigen
Mitglieder der Facultät und der Bischof Brinckmann protestirt haben, letzterer
unter der Drohung, den Theologie-Studierenden den Besuch der Schuppe'schen
Vorlesungen verbieten zu wollen.
„ (Preußen.) Der Bischof von Ermeland protestirt in einer Zuschrift
an den Cultminister gegen die wider ihn verfügte Temporaliensperre,
indem „die Dotationen der preußischen Bischöfe auf einem Staatsvertrage
mit dem Oberhaupte der kath. Kirche beruhten und Emolumenite seien, welche
der Staat Preußen dem römischen Stuhle gegenüber nach der Bulle de salute
animarum den Bischöfen aus den eingezogenen Kirchengütern zu verabfolgen
sich verpflichtet habe. Er halte sich hienach für befugt, die nach dem Staats-
haushaltsetat für ihn ausgeworfenen Emolumente im Rechtswege zu bean-
spruchen und behalte sich die Beschreibung derselben vor.“ Bis Ende des
Jahrs erfolgt indeß eine Klage des Bischofs bei Gericht nicht.
„ (Preußen.) Bei dem Bischof Martin in Paderborn erscheint
ein Gerichtsrath mit seinem Protokollführer, um im Auftrage der
Staatsanwaltschaft von demselben die Originalien der s. Z. so viel
besprochenen Briefe protestantischer Pastoren der Provinz Sachsen zu
verlangen. Der Bischof verweigert die Herausgabe, worauf ihm der
Befehl vorgezeigt wird, für diesen Fall zur Haussuchung zu schreiten.
Diese erfolgt und werden die Briefe mitgenommen.
„ (Elsaß-Lothringen.) Der Optionstermin hat mit diesem Tage
sein Ende erreicht. Die Zahl der für Frankreich Optirenden hat die
Summe von 162,633 Personen erreicht. In Folge der Agitation
der Französisch-Gesinnten haben indeß sehr Viele bloß zur Demonstration
optirt, welche nicht daran denken, ihren Wohnsitz nach Frankreich zu
verlegen. Die mit Wirksamkeit durch thatsächliche Auswanderung er-
folgte Option umfaßt nur ca. 38,800 Personen, außerdem sind von