Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 221
wie eine solche jetzt nöthig geworden ist, bewahrt bleiben soll, in ihm das
eminent corporative Interesse in das geziemende äußere Verhältniß zu dem
Gesammtinteresse gebracht wird, wie dieß schon früher einmal in der Absicht
der Staatsregierung lag. Nur dadurch würde diesem immerhin berechtigten
Interesse die gefährliche Verführung erspart werden, sich selber mit dem Staats-
interesse zu verwechseln.“
6. Nov. (Bayern.) In München erlassen die Polizei und der Magistrat
eine gemeinsame Bekanntmachung gegen die sog. Dachauer Banken.
„ (Braunschweig.) Die Staatsregierung schließt mit einem Ber-
liner Consortium einen Verkaufsvertrag bezüglich der dem Staate ge-
hörigen Braunkohlengruben unter Vorbehalt der Zustimmung des Land-
tags ab. Der Kaufpreis beträgt 1,535,000 Thlr.
„ (Hessen.) Schluß des Landtags. Rede des Ministerpräsidenten
v. Hofmann:
„Ehe ich, dem von Sr. kgl. Hoheit dem Großherzog mir ertheilten aller-
höchsten Auftrag zufolge, den gegenwärtigen Landtag für geschlossen erkläre,
kann ich nicht umhin, einen kurzen Rückblick auf die jetzt zu Ende gehende,
nahezu vierjährige, Session zu werfen. Als im Nov. 1868 der 20. Landtag
eröffnet wurde, konnte niemand die weltgeschichtlichen Ereignisse voraussehen,
welche seitdem vor unseren Blicken sich entrollt und eine durchgreifende Umge-
staltung der politischen Verhältnisse Deutschlands und damit auch unseres
engeren Vaterlandes herbeigeführt haben. An dem Kriege gegen Frankreich
hat sich das Großherzogthum, gleich den anderen deutschen Staaten, mit seiner
ganzen Kraft betheiligt. Zu den großen Erfolgen des Krieges trugen die
großherzoglichen Truppen ihren Theil in rühmlichster Weise bei; leider ist
uns auch ein schwerwiegender Antheil an den schmerzlichen Opfern, welche der
Krieg gefordert hat, nicht erspart geblieben. In dem thatkräftigen Bemühen
die Leiden des Krieges zu mildern, ist die Bevölkerung des Landes hinter
keinem anderen deutschen Staat zurückgeblieben. Vor allem aber gebührt
Ihnen, den Ständen des Landes, das Zeugniß, daß Sie sich der großen Zeit,
welche in die Dauer der Landtagssession siel, würdig erwiesen haben. Sie
haben von vornherein und während des Krieges mit patriotischem Eifer der
Regierung die Mittel zur Betheiligung an der Kriegführung gewährt. Sie
haben in demselben Geiste den Verträgen, auf deren Grund das deutsche
Reich neu aufgerichtet worden ist, die verfassungsmäßige Zustimmung ertheilt.
Sie haben ferner wesentlich dazu beigetragen, die Schwierigkeiten des Ueber-
ganges in die neuen Zustände zu überwinden. Nicht minder sind bezüglich
der inneren Angelegenheiten des Landes eine Reihe wichtiger Maßregeln durch
Ihre thätige und einsichtsvolle Mitwirkung ermöglicht worden. In den letzten
Tagen noch ist — von anderen wichtigen Gegenständen abgesehen, — die Re-
form des Wahlgesetzes zu Stande gekommen, und damit für das fernere ver-
fassungsmäßige Leben unseres Landes eine neue und, so Gott will, segensreiche
Grundlage geschaffen worden. Die beiden Kammern der Stände haben zu
diesem erfreulichen Ergebnisse mit gleicher Hingebung an das allgemeine In-
teresse zusammengewirkt, indem sie, das Ziel der nothwendigen Verständigung
vor Augen, alle Anstände schließlich zu beseitigen gewußt haben. Für alles
dieß gebührt Ihnen, meine Herren, der aufrichtigste Dank der großherzoglichen
Regierung — ein Dank, welchen ich Namens der Regierung Ihnen ausdrücken
zu dürfen, mich glücklich schätze."“
„ (Preußen.) Der Kaiser genehmigt die Vorschläge des Staats-
ministeriums bezüglich der Durchsetzung der Kreisordnungsvorlage trotz
der Ablehnung desselben durch das Herrenhaus.