252
Oesterreich-Angarn.
Antwortsadresse festgehaltenen Zusammenhang zwischen der Wahlreform und
dem galizischen Ausgleich, so daß der letztere nur stattfinden soll, wenn die
Polen der Wahlreform ihrerseits zustimmen, wieder zerreißen und geht daher
dahin, einfach zu sagen: „wir sind bereit über die bejondere Berücksichtigung
Galiziens in der Gesetzgebung und Verwaltung, soweit solche durch die eigen-
thümlichen Verhältnisse des Königreiches gefordert wird, die erwünschte Ver-
ständigung herbeizuführen, und so diese Angelegenheit zum endlichen Abschluß
zu bringen.“ Erklärung der Slovenen durch den Abg. Poklukar: „Ich
bin ermächtigt im Namen meiner Gesinnungsgenossen auf dieser Seite des
Hauses die Erklärung abzugeben: daß wir im Interesse einer gerechten end-
lichen Gleichstellung der Länder der österreichischen Monarchie für das Amende=
ment der polnischen Abgeordneten nur mit dem Vorbehalt stimmen werden,
daß in hleicher Weise allen Ubrigen Ländern und Völkern unter Berücksich-
tigung ihrer besonderen Verhältnisse die ihren historischen und nationalen
Eigenthümlichkeiten entsprechenden Rechte eingeräumt werden.“ Der Führer
der ulramontanen Tyroler, P. Greuter, verherrlicht zwar zunächst
den Föderalismus, doch ist es ihm weniger um diesen als um die Interessen
der katholischen Hierarchie zu thun, indem er schließt: „Eines aber gebe ich
doch zu bedenken. Sie erbarmen sich auch des niedern Clerus. Er ist arm,
sehr arm. Aber ich ruse es im Namen dieses armen Elerus laut aus (mit
großer Emphase): Lieber soll er verhungern! (Schallendes Gelächter im
ganzen Hause.) Ja, lieber verhungern (erneuertes Gelächter), ja verhungern!
Er sollte mithelfen, daß den Bischöfen nach göttlicher Aufgabe nicht mehr das
Recht sei, die Priester hinauszusenden in das Land? Er soll mithelfen, daß
das Eigenthum der Kirche durch Gesetzentwürse angegriffen werde Uns ge-
winnen Sie dadurch nicht, aber Sie mögen erschrecken vor dem Worte „Inter-
nationale“: diese Partei wird Sie mit Vergnügen hören; denn wenn Sie die
reichen Klöster und Stifte nehmen um sie den Hungrigen zu geben, dann er-
innere ich Sie, daß es noch andere Hungrige zu stillen gibt. Sie wollen die
Lösung des Concordats? Sie mögen ihre Anträge an sämmtliche Universi-
täten schicken — bevor Sie nicht die Einwilligung des Gefangenen im Vatican
haben, haben Sie doch nichts; solange Sie diese Sanction nicht haben, können
Sie nur den Riß erweitern; was das aber heißen will, das haben Sie jetzt
erfahren. Sie haben mit den Nationalen genug zu thun; wenn Sie die Ka-
tholiken noch zur Opposition rufen, dann werden Sie sehen, was eine katho-
lische Opposition ist. (Heiterkeit.) Ecclesia occidi potest, vinci autem non
otest. Wenn wirklich dieser Boden der Boden der Verständigung ist, so will
ich warten, ob Tyrol wieder wie ein Aschenbrödel behandelt wird, dann habe
ich das Recht zu sagen: wir sind gekommen zur Verständigung, statt dieser
hat man uns aber diese Adresse gegeben, und wir werden wissen, was wir zu
thun haben.“
Herrenhaus: nimmt seine Antwortsadresse, die sich eng an die
Thronrede anschließt, einstimmig an.
— Jan. Der gemeinsame Minister des Auswärtigen, Graf Andrassy, spricht
gegenüber einer Deputation des Wiedener katholischen Casinos, Frhrn.
von Stillfried und Gen., seine Ansicht über die gegenwärtige Lage
des Papstes dahin aus:
Er seinerseits müsse sich zu der Anschauung bekennen, daß es keinen katho-
lischen Staat gebe, der in der Lage wäre, dem heiligen Vater ein bleibendes
Asyl zu gewähren, welches demselben im Interesse der katholischen Religion
und zur Auslbung seiner geistlichen Macht auch nur jene Vortheile bieten
könnte, welche ihm seine gegenwärtige Stellung in Rom gewährt. Was den
andern Theil der eben gehörten Aeußerung betreffe, so wüßten die Herren
gewiß aus eigener Erfahrung, daß es keinen Souverän in Europa gibt, der