Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Oesterreich-Angarn. 
Antwortsadresse festgehaltenen Zusammenhang zwischen der Wahlreform und 
dem galizischen Ausgleich, so daß der letztere nur stattfinden soll, wenn die 
Polen der Wahlreform ihrerseits zustimmen, wieder zerreißen und geht daher 
dahin, einfach zu sagen: „wir sind bereit über die bejondere Berücksichtigung 
Galiziens in der Gesetzgebung und Verwaltung, soweit solche durch die eigen- 
thümlichen Verhältnisse des Königreiches gefordert wird, die erwünschte Ver- 
ständigung herbeizuführen, und so diese Angelegenheit zum endlichen Abschluß 
zu bringen.“ Erklärung der Slovenen durch den Abg. Poklukar: „Ich 
bin ermächtigt im Namen meiner Gesinnungsgenossen auf dieser Seite des 
Hauses die Erklärung abzugeben: daß wir im Interesse einer gerechten end- 
lichen Gleichstellung der Länder der österreichischen Monarchie für das Amende= 
ment der polnischen Abgeordneten nur mit dem Vorbehalt stimmen werden, 
daß in hleicher Weise allen Ubrigen Ländern und Völkern unter Berücksich- 
tigung ihrer besonderen Verhältnisse die ihren historischen und nationalen 
Eigenthümlichkeiten entsprechenden Rechte eingeräumt werden.“ Der Führer 
der ulramontanen Tyroler, P. Greuter, verherrlicht zwar zunächst 
den Föderalismus, doch ist es ihm weniger um diesen als um die Interessen 
der katholischen Hierarchie zu thun, indem er schließt: „Eines aber gebe ich 
doch zu bedenken. Sie erbarmen sich auch des niedern Clerus. Er ist arm, 
sehr arm. Aber ich ruse es im Namen dieses armen Elerus laut aus (mit 
großer Emphase): Lieber soll er verhungern! (Schallendes Gelächter im 
ganzen Hause.) Ja, lieber verhungern (erneuertes Gelächter), ja verhungern! 
Er sollte mithelfen, daß den Bischöfen nach göttlicher Aufgabe nicht mehr das 
Recht sei, die Priester hinauszusenden in das Land? Er soll mithelfen, daß 
das Eigenthum der Kirche durch Gesetzentwürse angegriffen werde Uns ge- 
winnen Sie dadurch nicht, aber Sie mögen erschrecken vor dem Worte „Inter- 
nationale“: diese Partei wird Sie mit Vergnügen hören; denn wenn Sie die 
reichen Klöster und Stifte nehmen um sie den Hungrigen zu geben, dann er- 
innere ich Sie, daß es noch andere Hungrige zu stillen gibt. Sie wollen die 
Lösung des Concordats? Sie mögen ihre Anträge an sämmtliche Universi- 
täten schicken — bevor Sie nicht die Einwilligung des Gefangenen im Vatican 
haben, haben Sie doch nichts; solange Sie diese Sanction nicht haben, können 
Sie nur den Riß erweitern; was das aber heißen will, das haben Sie jetzt 
erfahren. Sie haben mit den Nationalen genug zu thun; wenn Sie die Ka- 
tholiken noch zur Opposition rufen, dann werden Sie sehen, was eine katho- 
lische Opposition ist. (Heiterkeit.) Ecclesia occidi potest, vinci autem non 
otest. Wenn wirklich dieser Boden der Boden der Verständigung ist, so will 
ich warten, ob Tyrol wieder wie ein Aschenbrödel behandelt wird, dann habe 
ich das Recht zu sagen: wir sind gekommen zur Verständigung, statt dieser 
hat man uns aber diese Adresse gegeben, und wir werden wissen, was wir zu 
thun haben.“ 
Herrenhaus: nimmt seine Antwortsadresse, die sich eng an die 
Thronrede anschließt, einstimmig an. 
— Jan. Der gemeinsame Minister des Auswärtigen, Graf Andrassy, spricht 
gegenüber einer Deputation des Wiedener katholischen Casinos, Frhrn. 
von Stillfried und Gen., seine Ansicht über die gegenwärtige Lage 
des Papstes dahin aus: 
Er seinerseits müsse sich zu der Anschauung bekennen, daß es keinen katho- 
lischen Staat gebe, der in der Lage wäre, dem heiligen Vater ein bleibendes 
Asyl zu gewähren, welches demselben im Interesse der katholischen Religion 
und zur Auslbung seiner geistlichen Macht auch nur jene Vortheile bieten 
könnte, welche ihm seine gegenwärtige Stellung in Rom gewährt. Was den 
andern Theil der eben gehörten Aeußerung betreffe, so wüßten die Herren 
gewiß aus eigener Erfahrung, daß es keinen Souverän in Europa gibt, der
	        
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