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Gesterreich--Angarn.
Umstände zu erwägen, welche den Fortbestand der Jury unmöglich machen
können. Dazu soll die zeitweise Einstellung ihrer Wirksamkeit dienen. Um
die Institution für die Dauer zu retten, müssen jene Momente unterbunden
werden, die den Terrorismus erzeugen, bis dieser nachgelassen hat.“
18. Febr. (Oesterreich.) Die Regierung macht den dalmatinischen Abge-
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ordneten, um sie für das Nothwahlgesetz zu gewinnen, eine Reihe von
Concessionen.
Halbofficiell werden folgende namhaft gemacht: Einführung der serbo-kroa-
tischen Sprache in den Aemtern, Besetzung der wichtigsten Stellen nach den
Wünschen der Landesvertretung, Hebung der Volksschulen durch staatliche Sub-
vention, Bau der dem Lande so dringend nothwendigen Eisenbahnen, endlich
Entsumpfung der Narenta-Bezirke. Außer diesen Zugeständnissen wird noch
das weitere angeführt, daß die de facto bestehende Befreiung der berüchtigten
Bocchesen vom Militärdienst fortdauern soll. Wenn diese den dalmatischen
Deputirten zugesagten Concessionen, namentlich was die Einführung der serbo-
kroatischen Sprache und die Besetzung der wichtigsten Aemter betrifft, zum
Vollzug kommen, wird freilich die italienische Städtebevölkerung, die immer
gut österreichisch und verfassungslreu gesinnt war, empfindlich vor den Kopf
gestoßen werden. Die Hauptpunkte sind indeß doch die Eisenbahn= und die
Narenta-Regulirung, die im Interesse des ganzen Kronlandes und in dem-
jenigen Gesammtösterreichs liegen. Die Ingenieure, welche die Vorarbeiten
machen sollen, gehen auch sofort nach Dalmatien ab. Die ganze Verständi-
gung ist ein öffentliches Geheimniß.
„ (Oesterreich.) Reichsrath, Abg.-Haus: Debatte über das Noth-
wahlgesetz. Dasselbe wird mit 104 gegen 49 Stimmen, also mit
der nothwendigen Zweidrittelsmehrheit angenommen. Die sog. jung-
deutsche Fraction der Verfassungspartei stimmt schließlich doch mit
dieser für das Gesetz. Die Polen, vollzählig erschienen, stimmen da-
gegen, der Abg. Grocholski motivirt ihr Votum in schroff ablehnender
Weise. Mit den Polen stimmen auch die Slovenen und Tiroler gegen
das Gesetz; dagegen treten die Südländer, Dalmatiner, Triestiner,
Istrianer und Görzer mit der Verfassungspartei für dasselbe ein.
Das Gesetz wird als der Eckstein der ganzen, gegen den Föderalismus
einzuschlagenden Action angesehen.
„ (Oesterreich.) Der Cultminister v. Stremayr richtet im Ein-
verständniß mit den Ministerien des Innern und der Justiz ein Cir-
cularschreiben an die Statthalter, betreffend die Verhältnisse der Alt-
katholiken: Z
Die als „altkatholisch“ bezeichnete Bewegung innerhalb der kath. Kirche
hat der Regierung insolange keinen Anlaß zu irgend einer Ingerenz gegeben,
als diese Bewegung auf innerkirchlichen Gebieten verblieb und lediglich den
Rechtsbestand dogmatischer Sätze betraf. In jüngster Zeit hat jedoch diese Be-
wegung die rein kirchlichen Gebiete Überschritten und in jene äußeren Rechts-
bereiche hinübergegriffen, für welche nicht die Kirchen-, sondern die Staats-
gesetze maßgebend sind. Die Regierung sieht sich daher — in unmittelbarer
Fürsorge für eine Reihe der wichtigsten bürgerlichen Interessen — veranlaßt,
den Standpunkt klarzustellen, welchen sie in dieser Angelegenheit einnimmt,
sowie den k. k. Behörden das dießbezüglich durch die Gesetze gebotene Verhalten
zu bezeichnen. Die Regierung muß die sog. Altkatholiken insolange als inner“
halb der katholischen Kirche und auf dem Boden des geschichtlich herausge-
stalteten kirchlichen Gesammtorganismus stehend betrachten, als dieselben nicht