Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Gesterreich-Angarn. 
Innern Toth stellt die Cabinetsfrage. Der Gesetzesentwurf ist der 
Linken und äußersten Linken namentlich dadurch anstößig, daß er eine 
Erhöhung des Wahlcensus und eine Verlängerung der Mandatsdauer 
auf fünf Jahre festsetzt. 
23. Febr. (Oesterreich.) Reichsrath, Abg.-Haus: erklärt die Sitze der 
26. 
nicht erschienenen czechischen und feudalen Abgeordneten aus Böhmen, 
Mähren, Krain und Steiermark für erledigt behufs von Neuwahlen. 
Verfassungsausschuß: lehnt den Antrag von Tomaszek (Bukowina), 
über die sämmtlichen Forderungen der Polen und das ganze Elaborat 
der Subcommission zur Tagesordnung überzugehen, mit allen gegen 
2 Stimmen ab, nachdem der Minister v. Lasser sich entschieden da- 
gegen ausgesprochen: 
„Die Regierung halte an dem Programm der Thronrede fest, und in 
derselben sei die Bereitwilligkeit zur Beilegung des galizisches Streites aus- 
gesprochen. Nur seien zwei Gesichtspunkte im Auge zu halten, nämlich: daß 
die Wünsche im Reichsrath geltend gemacht werden, was thatsächlich geschehen 
sei, und daß nur solche Wünsche Beachtung finden, welche durch die besonderen 
Verhältnisse Galiziens begründet seien und das Interesse des Reiches nicht 
schädigen. Die Regierung habe ihre Bereitwilligkeit erklärt, die im verfassungs- 
mäßigen Wege vorgebrachten Wünsche zu erwägen, das Abgeordnetenhaus habe 
den Abschluß des Streites für erwünscht erklärt. Hieraus ergebe sich die Er- 
wägung, daß die Negierung ein wichtiges Interesse daran habe, die Zufrieden- 
heit der einzelnen Theile durch Erfüllung ihrer Wünsche, soweit dieselben mit 
dem Reichsinteresse vereinbar sind, anzustreben, und die Erwägung, daß, nach- 
dem durch die staatsrechtlichen Streitigkeiten das Verfassungsgebäude immer 
im Schwanken erhalten würde, endlich in dieser Beziehung durch Erfüllung 
der mit dem Reichsinteresse vereinbarten Wünsche eine Festigung eintreten möge. 
Er erkläre sich daher auf das lebhafteste gegen den Uebergang zur Tagesord- 
nung und für ein objektives Eingehen in die Berathung des Elaborats des 
Subcomité's. Der Uebergang zur Tagesordnung würde bedeuten, daß die 
galizischen Wünsche den Bedürfnissen Galiziens nicht entsprechen und unver- 
einbar seien mit dem Interesse des Reiches."“ 
„ (Oesterreich.) Der Cultminister Stremayr spricht sich im Ver- 
fassungsclub sehr einläßlich über die Stellung der Regierung zu der 
Frage des Altkatholicismus nach seiner Auffassung aus: 
Gegen den im Abgeordnetenhause einzubringenden Antrag auf Einsetzung 
einer Commission zur Beurtheilung der rechtlichen Stellung der altkatholischen 
Gemeinden erklärt sich Dr. v. Stremayr nicht, allein sein Standpunkt ist ein 
von der Anschauung der Altkatholiken über ihre Stellung wesentlich verschie- 
dener. Er spricht seine Ansicht dahin aus, daß das innere Wesen der katho- 
lischen Kirche durch Annahme des Dogma's von der Unfehlbarkeit ein total 
anderes geworden sei; allein der Staat habe es innerhalb seines Gebietes nur 
mit der äußeren Erscheinungsform der Kirche zu thun, und diese sei allerdings 
unverändert geblieben, die äußere hierarchische Organisation sei dieselbe, wie zuvor. 
Deßhalb könne sich der Staat nicht darauf einlassen, zu erkennen, wer den echten 
Glauben bewahrt habe, ob die Altkatholiken oder die Anhänger der Infallibili- 
tät. Der Staat könne daher auf die Altkatholiken nur dann die Bestimmungen 
der Staatsgrundgesetze in Anwendung bringen, wenn sie sich als selbstständige 
Religionsgenossenschaft konstituiren, was bekanntlich die Altkatholiken perhorr 
rescirten, da sie sich als die eigentlichen Katholiken betrachteten. Von diese- 
Auffassung geleitet, beantwortet der Minister auch die Frage über das Eigen-
	        
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