Gesterreich-Angarn. 265
gleichmäßig betreffenden Angelegenheiten schon während fünf Jahren im besten
Einvernehmen mit Erfolg erledigt wurden. Der gegenwärtige Reichstag habe
der ihm zu Theil gewordenen Aufgabe, das geistige und materielle Landes-
wohl zu fördern, durch Regelung des Gerichtswesens und der Verwaltung
entsprochen. Dieselbe führt die geschaffenen Gesetze über die Ausübung der
richterlichen Gewalt und Verantwortlichkeit der Richter an und betont, daß
die Organisirung der Gerichte erster Instanz und die Trennung der Justiz
von der Administration die öffentliche Sicherheit erhöhen und den Credit be-
festigen werden, daß ferner die Regelung der Municipicn und Gemeinden,
basirt auf dem Grundsatze der Selbstverwaltung, die genaue Gesetzvollziehung
sicherte und Staatsverwaltung und Municipal- und Communalverwaltung in
Harmonie brachte. Ferner wird der fortschreitenden endgiltigen Regelung der
Besitzverhältnisse, der Förderung der öffentlichen Interessen, der Hebung des
Wohlstandes durch die vom Reichstage votirten einschlägigen Gesetze über zweck-
mäßige Verwendung der bedeutend gestiegenen öffentlichen Einnahmen und
durch die für Verbesserung des Gerichtswesens und des Unterrichts, für Cultus-
zwecke, Ergänzung des Eisenbahnnetzes, Umgestaltung des Franzenskanals und
für Hebung der Hauptstadt votirten namhaften Beträge erwähnt. Die Thron-
rede gedenkt sodann der bereitwillig bewilligten Posten zur Entfaltung des
Institutes der Landwehr und betrachtet es als einen Beweis für die Zunahme
des Wohlstandes, daß Alles ohne Erhöhung der Steuern und ohne Contra-
hirung unproduktiver Anleihen bewerkstelligt wurde. Angesichts der theils an-
gebahnten, theils thatsächlich in Angriff genommenen Provinzialisirung der
Militärgrenze wird die Hoffnung ausgesprochen, daß der Zeitpunkt nicht mehr
fern sei, wo kein Bruchtheil der Bevölkerung des Reiches mehr existiren wird,
der die verfassungsmäßigen Rechte nicht in vollem Maße genießen könnte, be-
dauert, daß durch Vereitelung der Verhandlung in der letzten Zeitperiode
des Reichstages die genaue Feststellung des Wahlgesetzes, die Regelung der
Hauptstadt, sowie die Sanctionirung anderer von der Regierung eingebrachter
gemeinnütziger Gesetzentwürfe nicht erfolgen konnte und fügt bei, es werde die
Aufgabe des nächsten Reichstages sein, das Versäumte nachzuholen und für
Sicherstellung der verfassungsmäßigen Verhandlungen zu sorgen. Die Thron-
rede schließt: „Das mit den auswärtigen Mächten gegenwärtig bestehende gute
Verhältniß läßt zuversichtlich hoffen, daß der bald einzuberufende Reichstag
die auf Grundlage sanctionirter Gesetze begonnene Arbeit unter den Segnun-
gen des Friedens weiterführen werde.“
26. April. (Oesterreich: Böhmen.) Eröffnung des Landtags. Das Re-
sultat der Landtagswahlen entspricht den gehegten Erwartungen: die
deutsche Bevölkerung hat überall verfassungstreu, die czechische national
gewählt; doch war die verfassungstreue Minderheit auch in den über-
wiegend czechischen Kreisen stärker als bisher. Der ausschlaggebende
Großgrundbesitz wählte in beiden Gruppen liberal: die Minderheit
enthielt sich der Abstimmung unter Protest. Der Landtag weist also
wieder eine entschiedene Majorität in verfassungstreuem und liberalem
Sinne auf. Die czechischen Abgeordneten erscheinen in demselben nicht.
2. Mai. (Oesterreich.) Conferenz der Bischöfe in Wien. Dieselbe be-
schließt eine Eingabe an den Cultminister.
Dieselbe ist ziemlich umfangreich. Im Eingange derselben wird der Satz
aufgestellt: „Confessionslos ist religionslos.“ Die Aussicht über Religiosität
und Sittlichkeit der Schuljugend müsse der Kirche gewahrt bleiben, und deß-
halb dürfe in den diese Beziehungen betreffenden Fragen ihr Einfluß auf die
Lehr= und Schulbücher nicht geschmälert werden. Religion und Sittlichkeit