Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Gesterreich-Angarn. 
„.. Es ist die Aufgabe des gegenwärtigen Reichstages, auf Grund der 
verfassungsmäßigen Institutionen die Negelung der gesammten Organisation 
des Staates in einer den Interessen der Nation und den Anforderungen un- 
serer Zeit entsprechenden Weise fortzusetzen; zugleich aber auch durch gesetzliche 
Verfügungen und zweckmäßige Investitionen die Fortentwicklung der geistigen 
und materiellen Interessen der Nation nach jeder Richtung hin zu fördern. 
Zur Lösung dieser großen Aufgabe bedarf es, nebst Ihrer Weisheit, einer 
continuirlichen, consequenten und ausdauernden Thätigkeit, sowie, daß das Ab- 
geordnetenhaus unter Wahrung der Berathungsfreiheit stets regelmäßig und 
unbehindert seinem Berufe obliegen könne. Unsere Regierung wird es für 
ihre Pflicht erachten, bezüglich mehrerer hochwichtigen Gegenstände zu geeig- 
neter Zeit ihre Vorlagen einzubringen. Wir haben es bereits bei Eröffnung 
des jüngst verflossenen Reichstages hervorgehoben, wie wichtig es uns erscheint, 
daß in Folge der Umgestaltung der ständischen Verfassung auch die Organi- 
sation des Oberhauses zeitgemäß modificirt werde, unter Beibehaltung jener 
Vortheile, velche das aus der Geschichte der Nation hervorgegangene und mit 
den höchsten Interessen derselben eng verbundene Oberhaus für die Sicherung 
eines vor Ueberstürzung gewahrten Fortschrittes bietet. Die Wahlbewegung 
hat neuerdings erwiesen, wie unumgänglich nothwendig die Verbesserung der 
Mängel und Ausfüllung der Lücken in den 1848er Wahlgesehen sei, damit 
die Wahlfreiheit auch inmitten des Wogens der Parteileidenschaften allseitig 
mröglichst gesichert werde. Die Verwaltung betreffend, harrt des gegenwärtigen 
Reichstages eine hochwichtige und dringende Aufsgabe, damit auf Grundlage 
der verfassungsmäßigen Einrichtungen die Ordnung und der pünktliche Voll- 
zug der Gesetze nach allen Richtungen hin gewährleistet werde.“ Die Thron- 
rede verheißt nun eine Reihe weiterer Vorlagen zu Regelung des Justizwesens, 
zur Beseitigung der Mängel der Preßgeseygebung, zur Fortentwickelung des 
Unterrichtswesens, zur Förderung der volkswirthschaftlichen Interessen und zur 
entsprechenden Durchführung der Gesetze Über die allgemeine Wehrpflicht und 
das Wehrsystem des Landes. Die Thronrede erwähnt ferner die Fortschritte 
in der Provinzialisirung der ungarischen Militärgrenze, verheißt hierauf be- 
zügliche und noch verschiedene andere Vorlagen und schließt sodann wie folgt: 
„Wir sind Überzeugt, daß Sie sich beeilen werden, die obwaltenden günstigen 
Verhältnisse für diese vielseitige, auf Generation hinaus wirkende Thöätigkeit 
auszunützen. In Unserer Thronrede, mit welcher Wir den vorigen Reichs- 
tag schlossen, haben Wir Unserer freundschaftlichen Beziehungen zu den aus- 
wärtigen Staaten mit Befriedigung gedacht. Seitdem haben Wir neue Bürg- 
schaften für die Fortdauer und die zunehmende Erstarkung dieser freundschaft- 
lichen Beziehungen erhalten. Wir hoffen, daß es Ihnen unter den Segnungen 
des Friedens gelingen werde, das große Werk der begonnenen Reform nicht 
nur weiter zu führen, sondern mit des Allmächtigen Hilfe auch glücklich zu 
vollenden.“ 
5. Sept. (Ungarn.) Der bisherige Cult= und Unterrichtsminister Pauler 
— 
15. 
16. 
übernimmt das Justizministerium und wird im Unterrichtsministerium 
durch den Schwager des frühern (Baron Eötvös) v. Trefurt, ersetzt. 
Dreikaiserzusammenkunft in Berlin. 
„ (Ungarn.) Unterhaus: bei den Delegationswahlen siegt neuer- 
dings ausschließlich die Deakpartei. 
„ Eröffnung der Delegationen in Pesth. Die Regierung legt den- 
selben das Budget für 1873 und ein dießmal sehr bescheidenes Roth- 
buch vor. Das Budget weist eine starke Mehrforderung für das 
Militär auf. 
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