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Oesterreich-Angarn.
stand zu erhöhen, dieß auch gegenwärtig nicht der Fall sein müsse. Der
Kriegsminister beruft sich auf die Erfahrungen der letzten Kriege, auf das
Beispiel der anderen Staaten, in welchen die Differenz zwischen dem Kriegs-
und Friedensstande geringer sei, als in Oesterreich; er wird auch von dem
Grafen Andrassy auf das Lebhafteste unterstützt; allein der Ausschuß hält die
Hand fest auf dem Säckel der Steuerträger. Die Delegirten Giskra, Brestel
und Herbst setzen den Ausführungen des Kriegsministers den heftigsten Wider-
stand entgegen. Der Letztere zumal betont, daß von einer Erhöhung des
Friedensstandes um etwa neun Prozent unmöglich die Kriegstüchtigkeit der
Armee abhängen könne. Bei der Abstimmung wird denn auch die Forderung
der Kriegsverwaltung mit 16 gegen 4 Stimmen abgelehnt. Dr. Rechbauer,
welcher über diese Frage referirt hat, berichtet auch über den zweiten Theil
des Heeresbudgets: „höhere Commanden und Stäbe.“ Er erklärt sich gegen
die ungerechtfertigt große Anzahl von Generalen in der Armee und beantragt,
indem er die Position des Vorjahres (1,750,000 fl. gegen 1,962,477 fl.) für
genügend erklärt, einen Abstrich von 192,000 fl. Der Kriegsminister ver-
theidigt seine Position, indem er den Antrag als einen unmotivirten Bauschal-
Abstrich bezeichnet. Allein Dr. Herbst entgegnet ihm, daß die Position des
Vorjahres selbst als ein genügender Grund für den Abstrich gelten könne.
Die Delegation müsse daran festhalten, daß die einmal als genügend erkannten
Unsätze fortan als Basis zu gelten hätten. Gegenstand einer besonderen De-
batte in diesem Titel ist die Stelle des Armee-Inspektors (welche z. Z. Erz-
herzog Albrecht versieht). Es sallen ziemlich scharfe Worte in Bezug auf
diesen Posten. Giskra und Rechbauer bezeichnen die Stelle geradezu als
überflüssig Und überdieß den constitutionellen Einrichtungen nicht entsprechend.
Gleichwohl begnügt sich der Ausschuß damit, den beantragten Abstrich vor-
zunhmnen. ohne bezlglich des beanstandeten Postens eine specielle Entscheidung
zu treffen.
30. Sept. Ungarische Delegation: Der Budgetausschuß desselben bewilligt
einerseits die vom Budgetausschuß der österr. Delegation abgelehnte
Mehrforderung im Militäretat für Erhöhung der Präsenzzeit.
Die Majorität des Ausschusses ist offenbar schon von vornherein für die
Bewilligung gewonnen. Lonyay, Andrassy und Kerkapolyi sind im Namen
der Regierung erschienen. Paul Sennyey fragt aber die Minister, ob
ihnen etwa finanzielle oder politische Momente bekannt seien, die auf die Frage
der „Heranziehung des Jahres-Rekruten = Contingents der Linien= Infanterie
und Jägertruppe zur dreijährigen Dienstzeit“" Bezug hätten. Außer diesen
wünsche er auch noch die Stellung der ungarischen Regierung zur Frage
überhaupt kennen zu llernen. Zuerst nimmt das Wort Kerkapolyi (der
ungarische Finanzminister): Allerdings sei die Summe jährlich wiederkehrender
3¾ Millionen, von welchen 1¼ Millionen auf Ungarn fallen, eine sehr be-
deutende. Ob diese zu bewilligen sei oder nicht, das entscheiden zumeist mili-
tärische und politische Rücksichten. Die Finanzlage Ungarns sei nicht so schlecht,
als die Blätter sie darstellten, wenn sie momentan auch nicht gerade glänzend
genannt werden könne. Lonyay hebt besonders die politischen Momente
hervor. Er habe in Gegenwart des Kaisers nach langen Kämpfen mit dem
Kriegsminister zugestimmt, daß die besagte Erhöhung ins Budget aufgenom-
men werde; es ginge nun nicht gut an, diese Erhöhung von Seiten der un-
garischen Delegation zu verweigern. Ungarn müsse den Beweis liefern, daß
es selbst mit beinahe unerschwinglichen Opfern für die Stärkung und militä-
rische Schlagfertigkeit der Monarchie einzustehen wisse. Zum Schluß fügt
noch Andrassy einige Bemerkungen über moralische Pflichten und politische
Rücksichten hinzu und die „Finanzconferenz“ constituirt sich als Heeres-Aus-
schußsitzung. Der Präsident verkündet, daß die Regierung Über die Finanz-
lage „befriedigende Aufschlüsse“ gegeben habe und sonst auch sowohl politische