Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

Spanien. 313.— 
bieten ablehnen sollte, so wird das Land den Bruch der Gesetze als um so unver- 
zeihlicher verurtheilen, je weniger dazu eine Nothwendigkeit vorhanden war.“ 
Die Regierung geht nicht darauf ein. Die Cortes bleiben ver- 
tagt, um s. Z. aufgelöst zu werden. 
21. Juni. Im Anschluß und zur Unterstützung des erst jetzt bekannt ge- 
27. 
wordenen Briefes des Herzogs von Montpensier vom 17. April zu 
Gunsten seines Neffen Alphons erlassen 230 Generale, Abgeordnete, 
Senatoren, Granden, Financiers rc. eine ziemlich vage Erklärung zu 
Gunsten dieses Prinzen. 
Nach Darlegung eines gemäßigt constitutionellen Programms erklären sie, 
daß „der Thron des heiligen Ferdinand und der katholischen Könige nur von 
einem Abkömmling dieser berühmten Fürsten bestiegen werden dürfe“, und 
daß für die Dauer der Minderjährigkeit des Prinzen Alphons die Regentschaft 
des Herzogs von Montpensier die besten Bürgschaften für ein streng constitu- 
tionelles System gewähren würde. 
„ Zorilla erklärt in einem Rundschreiben an die Gouverneure der 
49 Provinzen gegenüber den Angriffen der-Conservativen, die ihm 
geradezu Umsturzpläne zuschreiben, er werde nur mit der Verfassung 
regiren, und entwickelt das Programm der Regierung und der pro- 
gressistisch radicalen Partei, die im Einverständniß mit der Krone das 
Nuder zum zweiten Male übernimmt. 
Das Cirkulär beginnt damit, daß die eben zum zweiten Male an die Re- 
gierung gelangte progressistisch-demokratisch-radicale Partei die Grundsätze dieser 
letzteren wieder aufnimmt und aufrechthalten wird, sowie diese Principien in 
der Cortessitzung vom 24. Juli und in dem Cirkulär vom 4. August v. J. 
von demselben Cabinete durch seinen damaligen Präsidenten und Minister des 
Innern — der es auch heute wieder ist — kundgegeben wurden. Nichtsdesto- 
weniger scheine es, angesichts gewisser, dieser Partei fälschlich unterschobener 
Absichten, nothwendig, ihren wahrhaften Vorsätzen und den von ihr in Aus- 
sicht genommenen Mitteln und Wegen öffentlichen Ausdruck zu verleihen. Als 
im Juli vorigen Jahrs das radicale Cabinet die Leitung der Geschäfte Über- 
nahm, habe man hoffen können, es werde sich eine wahrhaft conservative Partei 
legal sormiren und damit die für das constitutionelle Leben nöthige harmo- 
nische Wechselwirkung der beiden berechtigten Parteien geschaffen werden. Allein 
hiezu war die damalige Dauer des radicalen Cabinets eine zu kurze. Die 
inzwischen tief erschütterte Gesellschaft bedürfe vor Allem der Ruhe, und deren 
Herbeiführung werde auch die nächste Aufgabe des neuen Ministeriums sein. 
Deßhalb werde dieses von allen außerordentlichen Mitteln entschieden absehen, 
und es könne so handeln, weil für die Wahrung der Freiheit und für die 
Befestigung der Dynastie die Freiheit an und für sich genlge, die in den Ge- 
setzen gegründete Freiheit, welche sowie die aus der National = Souveränetät 
hervorgegangene Dynastie die energischeste Vertretung und Vertheidigung bei 
dieser Regierung finden werden; dadurch werde jede Berechtigung zu irgend 
einer, wie immer Namen habenden Insurrektion entfallen. Die Religion könne 
und dürfe nicht als falsches Schild gegen Civilisation und Freiheit dienen, wie 
dieß eben jetzt zum sechsten Male binnen 39 Jahren geschieht. Obschon auch 
in diesem Kampfe die constitutionellen Rechte nicht beseitigend, werde doch die 
Regierung hier die nöthige Machtentwicklung Üben und erwartet schließlich, 
daß die offenbare Erfolglosigkeit dieser Rebellion diejenigen, von welchen sie 
ausgeht, dazu bestimmen wird, von einem so schmählichen Bürgerkriege ab- 
zustehen. Aber auch wenn es nicht so käme, sei der Sieg der Regierung ein 
zweifelloser, da sie auf die Treue der Armee, der Flotte und der Bürgerwehr
	        
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