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der Cabinetsfrage überrascht, erwiederte Hr. Gladstone mit einem Hinweis auf
des Professors eigene Aeußerung, daß seine Vill zweimal durch die Drohung
des Ministeriums, abzudanken, vereitelt worden sei. Es sei ihm nichts darüber
bekannt, daß derselbe einem Mitglied der Regierung vorgelegt worden oder
auf einer unmittelbaren Mittheilung basirt sei. Uebrigens aber, fügte er hinzu,
würde er, falls er zufällig einen Herrn von der Presse getroffen hälte, ebenso
wenig ein Geheimniß aus dem Entschluß der Regierung in der Unterhaltung
gemacht haben, als er es im Gespräch mit seinen Freunden gethan; auch jetzt
erkläre er unverhohlen: die Regierung betrachte die Entscheidung des Hauses
in der Universitätsvorlage als eine Existenzfrage, lehnt es nochmals ab, für
die Vorlage einen Tag anzusetzen, aus dem einfachen Grunde, weil er keinen
Tag zur Verfügung habe, und stellt den Gedanken, daß ein Tag Überhaupt
die Bill retten könne, als lächerlich hin.
— April. Die Presse ist darüber einig, daß die Stellung des Ministeriums
Gladstone in Folge der wiederholten kleinen Niederlagen und der Hal-
tung der unabhängigen liberalen Fraction ihm gegenüber etwas un-
sicher geworden ist.
1. Mai. Unterhaus: verwirft das Frauenstimmrecht mit 222 gegen 143
7.
13.
Stimmen.
„ Unterhaus: Die Regierung bleibt in der Berathung ihres Gesetz-
entwurfs über den Volksunterricht in Schottland neuerdings in der
Minderheit, indem ein Amendement über den Volksunterricht in der
Bibel mit einem Mehr von 7 Stimmen angenommen wird.
Oberhaus: Lord Russel willigt auf Granville's Wunsch in die Ver-
tagung seines Antrags auf Sistirung der Arbeiten des Genfer Schieds-
gerichts ein, da die Regierung die Hoffnung nährt, sich mit der Unions-
regierung über die Differenz freundschaftlich zu verständigen.
„ Parlament: Die Regierung gibt in beiden Häusern beruhigende
Erklärungen über die Lage der Alabamafrage ab: die englische Re-
gierung habe der nordamerikanischen einen Vorschlag zur Klarstellung
der gegenseitigen Ansichten und der Bedingungen, unter welchen beide
sich über die Entscheidung der Sache durch ein Schiedsgericht verstän-
digt haben, unterbreitet und Präsident Grant habe den englischen Vor-
schlag bereits dem Senate vertraulich vorgelegt, was „einer Annahme
und Genehmigung desselben durch den Präsidenten fast gleichkomme“.
Der Vorschlag selbst wird dem Parlament indeß nicht mitgetheilt und
die Regierung bittet nur, in diesem Augenblick von jeder weitern De-
batte abzusehen.
Der Gang der Angelegenheit ist im Wesentlichen folgender: Als im Mai
1871 der Überseeische Telegraph die Nachricht von dem Abschluß und der Unter-
zeichnung des Washington-Vertrags nach England brachte, war der Jubel
über das, angeblich uud officiell als befriedigend gepriesene, Ende des langen
Haders so groß, und die Verbrüderungsgefühle fanden innerhalb und außer-
halb des Parlaments einen so lauten stürmischen Ausdruck, daß die Stimme
der Vernunft machtlos verhallte. Die vernünftige und, wie der Erfolg lehrte,
richtige Auffassung der Transactionen beschränkte sich damals auf Lord Russell
und Lord Cairns. Jener glaubte, auf seine lange officielle Erfahrung gestützt,
Ursache zu haben, den Dangern zu mißtrauen, und weigerte sich daher, in