England. 337
in den Händen der englischen Regierung, von welcher sie sehnlichst erwartet
wurde. So rettete die Schnelligkeit des Telegraphen das Gladstone'sche Cabinet
aus einer bedenklichen Lage, indem sie ihm einen plausibeln Grund zur Zu-
rückhaltung der dem Parlament versprochenen Aktenstücke und zur abermaligen
Hinausschiebung der drohenden Debatte lieferte.
28. Mai. Die engl. Regierung nimmt den Zusatz des Senats der Verein.
29.
30.
Staaten zu der von ihr vorgeschlagenen Zusatz-Convention betr. die
Alabamafrage nicht an und verlangt eine Abänderung desselben.
„ Große Versammlung der ländlichen Arbeiter in Leamington unter
dem Vorsitze Dixon's. Es sind dabei 18 Grasschaften vertreten und
wird beschlossen, die Bildung einer nationalen Union der ländlichen
Handarbeiter zu unternehmen.
„ Unterhaus: nimmt die Ballot-Bill in dritter Lesung mit 274
gegen 216 Stimmen an.
„ Der irische Richter Keogh erklärt die Wahl in Galway, durch
welche der Capitän Nolan in's Parlament gewählt worden war, für
ungiltig wegen gesetzwidriger Umtriebe des kath. Clerus, durch welche
sie zu Stande gebracht worden sei.
Die Angelegenheit macht gewaltiges Aufsehen und der ultramontanen Partei
in Irland wird durch das in dieser Sache abgegebene Urtheil eines katholi-
schen Richters ein empfindlicher Stoß versetzt. Der Richter sieht sich zu der
Erklärung genöthigt, daß die Wahl gewonnen wurde durch die erstaunlichste
geistliche Tyrannei, welche die ganze Geschichte priesterlicher Intoleranz je auf-
weist. Der Erzbischof von Tuam, der Bischof von Galway, der Bischof von
Clonferet und eine große Anzahl von Mitgliedern ihrer Geistlichkeit werden
eines organisirten Versuches, das freie Wahlrecht der Wähler zu vernichten,
beschuldigt. Viele Priester hätten wissentlich falsch geschworen und ein Pater
Cowan nicht gezögert, zu erklären, daß der katholische Clerus, wenn nöthig,
den Beichtstuhl zur Beeinflussung der Wahlen benützen würde, falls die ge-
heime Abstimmung bei Wahlen eingeführt würde. Richter Keogh hält es für
seine Pflicht, solche Gesinnungen zur Kenntniß des Parlaments zu bringen.
Der irische Pöbel in Galway verhöhnt daher das Bildniß des Richters Keogh
und verbrennt es öffentlich. Die englische Presse ist dagegen einstimmig in
dem Verlangen nach schleuniger und energischer Abhilfe solcher Uebelstände.
3. Juni. Oberhaus: Lord Granville gibt über den Stand der Alabama=
frage eine sehr wenig sagende Erklärung ab. Die Unterhandlungen
mit der Union seien noch nicht zum Abschlusse gediehen, so daß ihm
unter solchen Verhältnissen einstweilen noch der Mund verschlossen sei.
„Binnen zwei oder drei Tagen müsse allerdings ein entscheidender Be-
schluß gefaßt werden.“ Die öffentliche Meinung fürchtet oder hofft
ziemlich laut, daß dieser schließlich in nichts anderem als in einem
Rücktritt Englands von dem ganzen Vertrage werde bestehen können.
Der amerikanische Staatssekretär Fish hatte am 27. April wiederholt er-
klärt, Amerika „lasse sich zu keiner Zurückziehung seiner Rechtsdarstellung her-
bei, sondern nur zu einer Uebereinkunft, kraft deren keine Geldansprüche für
die bezüglichen (mittelbaren) Beschädigungen erhoben werden sollten; wobei es
dem Gerichtshofe überlassen bleiben müsse, dasjenige Urtheil über den Gegen-
stand abzugeben, das ihm geeignet dünke.“ Am 4. Mai telegraphirte Herr
Fish wiederum: Präsident Grant vermöge „keinem Vorschlage zuzustimmen,
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