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aus dem man irgendwie annehmen oder folgern könne, daß er irgend welche
in der amerikanischen Rechtsdarstellung niedergelegte Ansprüche von der Rechts-
zuständigkeit des Gerichtshofes zurlickziehe“. General Grant beharre vielmehr
darauf, daß der Gerichtshof volle Frciheit habe, „über alle vorgebrachten An-
sprüche ein Erkenntniß abzugeben“. Selbst der von Granville vorgeschlagene
Zusatz-Artikel — und das ist das Merkwürdigste an der ganzen Unterhand-
lung — läßt über den angedeuteten Streitpunkt ein sonderbares Dunkel. In
dem Zusatz-Artikel wird gesagt, England beharre auf der einen, Amerika auf
der andern Rechtsanschauung, was die Auslegung des Washingtoner Vertrages
betrifft. Amerika huldige ferner, nach wie vor, dem Grundsatze, daß Ansprüche
für mittelbare Beschädigungen rechtlich erhoben werden könnten. Amerika wolle
jedoch „für die Zukunft“ von solchen Ansprüchen gegenüber England abstehen,
unter der Bedingung, daß England gegenlüber Amerika in ähnlichem Falle
dasselbe thue. Daß aber Amerika in Gemeinschaft mit England das Schieds-
gericht anweisen wolle, über die Rechtsfrage (von Geldentschädigungen abgesehen)
kein Urtheil abzugeben, davon steht auch im Zusatz-Artikel nichts, obwohl
durch diesen allen ferneren Streitigkeiten ein Ende gemacht werden sollte. Gleich-
wohl hat der Senat auch noch an diesem so unvollkommen gefaßten Zusatz-
Artikel Aenderungen gemacht, welche die englische Regierung nicht annehmen zu
können glaubte. Die amerikanische Regierung, durch den Senat gebunden,
glaubt ihrerseits, in Zugeständnissen nicht weiter- gehen zu dürfen.
4.—6. Juni. Oberhaus: Debatte über den Antrag Lord Nussel's auf
Sistirung der Arbeiten des Genfer Schiedsgerichts. Der amerikanische
Gesandte erklärt in einem Briefe an Lord Granville, daß, wenn der
englische Zusatzartikel von der nordamerikanischen Union angenommen
würde, die indirekten Ansprüche allerdings und für immer beseitigt
wären. Obgleich nun die dießfälligen Unterhandlungen noch schweben
und der Zusatzartikel noch nicht vereinbart ist, so erklärt Lord Russel
doch, seine Motion einstweilen zurückziehen zu wollen.
10. Juni. Die englische Regierung hat die Hoffnung aufgegeben, sich noch
rechtzeitig (vor dem 15. d.) mit der Unionsregierung über den Zusatz-
Artikel zum Washingtoner Vertrage verständigen zu können, und deß-
halb an die letztere das Verlangen gestellt, am 15. d. M. in Genf
gemeinsam den Antrag zu stellen, das Schiedsgericht möge sich auf
8 Monate vertagen. Amerika ist indeß darauf nicht eingegangen, in-
dem es erklärt,
seiner Ansicht nach könne die Frist in dieser Weise nur durch einen neuen
Vertrag verlängert werden; wenn jedoch die Schiedsrichter auf das einseitige
Ansuchen Englands hin in die Vertagung einwilligten, so habe Amerika nichts
dagegen einzuwenden. Nur an dem Gesuch betheiligen will sich Amerika nicht.
15.—20, Juni. Das Genfer Schiedsgericht weigert sich entschieden, auf
eine Vertagung bis zum Frühjahr einzugehen, und beschließt, die in-
direkten Ansprüche der Verein. Staaten in der Alabamafrage zurückzu-
weisen, mit der Erklärung, daß dieselben zurückgewiesen worden wären,
auch wenn sich keine Meinungsverschiedenheit betreffs derselben zwischen
den beiden Regierungen ergeben hätte. Der Vertreter Amerika's wird
telegraphisch angewiesen, sich damit einverstanden zu erklären. Schluß-
rede des Vorsitzenden des Schiedsgerichts, Grafen Sclopis, über die
Situation. Vertagung des Schiedsgerichts bis zum 15. Juli.