England. 343
England zu thun gedenke, die er in eine Linie mit den Communisten
stellt, ja für noch gefährlicher erklärt und indem er auf die Auswei-
sung derselben aus Deutschland hinweist. Gladstone erwidert, die Re-
gierung müsse sich's ernstlich überlegen, bevor sie das Gesetz ausführe.
Nach dem Gesetze von 1829 kann ein Jesuit in England nur durch Ge-
setzübertretung Duldung finden. Dennoch halten sich in Großbritannien, na-
mentlich aber in Irland, zahlreiche Jesuiten auf. Das Gesetz war eben nie-
mals ausgeführt worden.
24. Juli. Unterhaus: lehnt die Abschaffung der Todesstrafe mit 167 gegen
25.
54 Stimmen ab.
„ Unterhaus: Debatte über die Affaire des irischen Richters Keogh.
Ursprünglich standen sich zwei Anträge gegenüber: der eine verlangt eine
strenge Durchführung des Corruptionsgesetzes auch gegen irische Bischöfe und
irische Priester und Schutz der richterlichen Unabhängigkeit in der Person des
schwer gekränkten Richters Keogh, der andere (der sog. irischen Brigade) ver-
langt dagegen Absetzung des mißbeliebigen Richters wegen Mißbrauchs seiner
Amtsgewalt und ungerechtfertigter Beleidigung des Priesterstandes einer an-
erkannten Religion durch parlamentarischen Machtspruch. Der erstere Antrag
ist durch die Maßregel der Regierung vom 23. d. M. inzwischen gegenstands-
los geworden und wird daher fallen gelassen. Für den andern Antrag haben
die Iren Hrn. Butt, den Urheber und Leiter der sog. Home-Rule-Bewegung,
zu ihrem Führer erkoren. In Irland und vor dem irischen Publikum hatte er
sich den Ruhm eines ausgezeichneten Redners und eines würdigen Nachfolgers
O'Connel's erworben, rechtfertigt aber diesen Ruf mit seiner erstern größe-
ren Parlamentsrede entschieden nicht, indem er von allen und einigen anderen
Dingen spricht, dagegen in weiten Umkreisen um die eigentliche Frage herum-
geht. Die Regierung Überläßt die Vertheidigung des Richters ihrem Attornay-
General, Sir J. Coleridge, der den leichten Beweis liefert, daß das Unterhaus
kein Disciplinargericht für die Richter und daher incompetent sei, selbst wenn
der Antragsteller dargethan hätte, daß in diesem Falle Grund zum Einschreiten
vorhanden wäre, was er jedoch nicht gethan habe. So eifrig ist er bemüht,
die Debatte in trockenen juristischen Argumenten verlaufen zu lassen und von
der cigentlichen Streitfrage abzulenken, daß ein anderer Advokat, Hr. James,
seine Entrüstung nicht länger zurückzuhalten vermag und die principielle Be-
deutung der Frage mit siegreicher Beredsamkeit vor das Haus bringt. Indem
er das staatsgefährliche, Gesetz und Recht untergrabende oder hochmüthig mit
Füßen tretende, Verfahren der katholischen Geistlichkeit aus den Gerichtsakten
nach Verdienst brandmarkt, nimmt er sich des schmachvoll mißhandelten, mu-
thigen und unparteiischen Richters mit einer Wärme an, die das schläfrige
Haus elektrisirt und zu stürmischen Beifallsrufen hinreißt. Ueber den unmittel-
baren Ausgang des Prozesses gibt er sich freilich keinen Illusionen hin. „Aber
— so schließt er — es ist nicht die technische Verfolgung oder die Chance des
Verdicts einer irischen Jury, worauf wir hoffen dürfen, um Schutz gegen die
bestehenden großen Uebel zu finden, sondern die Stimme der öffentlichen Mei-
nung, die sich in das Mittel legen muß. Daher hoffe ich, daß dieses Haus
der öffentlichen Meinung einen furchtlosen Ausdruck geben wird, um jene über-
mülhige Priesterherrschaft zu lehren, daß in diesem Lande keine andere Unter-
thanen-Abhängigkeit als die vom Souverän, und kein anderer Gehorsam als
der gegen die Gesetze geduldet wird.“ Die Debatte wird jetzt lebendig. Hr.
Gladstone wünscht, sie auf die eine Sitzung zu beschränken, um ihre Trag-
weite abzuschwächen; aber das Haus verlangt die Vertagung.
6. Aug. Unterhaus: Der Minister Grant Duff legt demselben das indische
Budget vor. Dasselbe weist für das Jahr 1870/11 einen Ueberschuß