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Zrankreich.
Aber daran hätte man in Bordeaux denken sollen; jetzt ist es für dieses Jahr
zu spät; die Steuerrollen sind schon ausgeschrieben. Man wollte andererseits
nur die Personal- und Mobiliarsteuer erhöhen: das würde aber nur 30 Mil-
lionen bei 2—3 Millionen Spesen ergeben. (Widerspruch.) So gelangen wir
zu dem, was man „meine Steuer“ zu nennen beliebt; sie ist die meinige, weil
ich keine bessere kenne. Sie würde 160—180 Millionen ergeben, leicht zu er-
heben sein und sich in unendliche, ganz unmerkliche Bruchtheile auflösen. Das
Drawback hat seine Nachtheile; es öffnet, sagt man, Defraudationen Thür und
Thor: der Staat nimmt das auf sich. Es ist darum nicht minder eine wahre
Ausfuhrprämie und hat sich in der Praxis bewährt. Was wird die Steuer
z. B. unsern Baumwollen thun? Im Auslande werden sie ihres Geschmacks
halber immer gesucht sein; nach innen aber ist die Wirkung so unbedeutend,
daß z. B. das Hemd eines Arbeiters nur 2 und das Kleid einer Frau aus
dem Volke nur 6 Sous theurer zu stehen kommen wird. Ich fordere Sie
heraus, eine vortheilhaftere Steuer zu finden. (Ohol) Bedenken Sie auch,
daß wir in der nächsten Zukunft unsere Wollen gegen die Concurrenz der ame-
rikanischen werden schützen müssen. Diesen Schutz gewährt unsere Steuer, und
für den Staatsschatz (auf Wollen allein) 26 Millionen. Für Seide stellt sich
die Sache höher: man wird für ein Kleid von 150 Fr. (d. i. für den Stoff
zum Kleide) 12 und für ein Kleid von 600 Fr. 18 Fr. zulegen müssen. Ist
das etwa übertrieben Die Seiden werden 27, Leinen und Hanf 7—8, das
Ganze 97 oder in runder Ziffer und schlecht gerechnet 75 Millionen tragen.
Unsere Handelsumsägtze berechnet Hr. Desseilligny auf 100 Milliarden; das ist
eine viel zu hoch gegriffene Ziffer. Wir haben Grund, zu glauben, daß fie
nur 20 Milliarden betragen. Wechsel werden jährlich nur in der Höhe von
17 Milliarden in Umlauf gesetzt. Eine leichte Steuer auf Quittungen war
Mmöglich, und sie trägt auch gute Resultate; wollte man aber jede Transaction
besteuern, so hieße das unerhörte Quälereien herbeiführen, und es wäre dann
in unserem Lande gar nicht mehr auszuhalten. (Zustimmung und Widerspruch.)
Noch einmal, unsere Industrie hat ihre Hauptstärke in der Güte und dem Ge-
schmack ihrer Erzeugnisse, nicht in ihrer Billigkeit. Darum verdient sie eine
Vergütung, die wir ihr mit unserer Steuer gewähren. Die von Hrn. Clapier
vorgeschlagene Besteuerung der Rohstoffe beruht auf Hypothesen, und wie will
man in den meisten Industrien den Augenblick bestimmen, wo der Artikel
fertig und für die Steuer reif ist Nein, schenken Sie uns — ich will nicht
sagen Vertrauen, aber nur ein wenig Wohlwollen. Wir haben uns ja, wie
Sie sehen, auch in der Bankfrage nicht getäuscht: der Preis des Goldes ist
seither nur zurückgegangen. Greifen Sie uns unter die Arme. Ich verlange
gleichfalls von Ihnen, den Pakt von Bordeaux aufrecht zu erhalten. Wenn
Sie diesen Pakt aufgeben würden, so weiß Gott, welche Unglücksfälle über
Frankreich hereinbrechen könnten. Ich beschäftige mich mit keiner Partei, son-
dern mit Frankreich. Für Frankreich allein habe ich Fürsorge. Man muß
nicht vergessen, daß wir uns vor Gefahren zu hüten haben. Es ist nicht die
politische Anarchie, die uns bedroht; was uns bedroht, ist die geistige Anarchie.
Es gibt keine noch so bizarre Ansicht, welche sich heute nicht an's Tageslicht
wagte. Darin liegt die Gefahr. Möge es sich um Verwaltungsmaßregeln,
um die Armee, Finanzen, um irgend einen Gegenstand handeln, so gibt es
kein Prinzip, das früher als richtig anerkannt gewesen, welches man heute
nicht anzufechten unternimmt... Man hat von Freiheit und liberalen Ge-
sinnungen gesprochen. Mich kann man in dieser Beziehung nicht verdächtigen.
Wenn ich die Regierung vertheidigte, so geschah es hauptsächlich dann, wenn
sie in Gefahr war. Gewöhnlich habe ich die Freiheit vertheidigt, und es ist
nicht auf dieser Seite (auf die linke Seite deutend), wo ich verdächtig sein
sollte. Uebrigens ist heute die Freiheit nicht in Gefahr. Es ist eher die Einheit
unserer Ansichten. Die Regierung ist auf stürmischer See; sie macht alle ihre
Anstrengungen, um sich oben zu erhalten. Die Regierung ist die Emanation