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Frankreich.
gesetzlichen Mittel und die der Ueberzeugung anzuwenden, um die Einheit in
ihrer Mitte und in der Mitte der von ihr repräsentirten Kirche aufrecht zu
erhalten, indem sie das absolute Recht anerkennt und achtet, welches jeder
Pastor, jeder Gläubige hat, diesem oder jenem Symbol, das er für gut hält,
seine Zustimmung zu geben.“
20. Juni. Unterredung der Deputation des rechten Centrums und der ge-
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mäßigten Rechten mit Hrn. Thiers. Hr. Thiers geht auf die Wünsche
der monarchischen Parteien nicht ein. Die Deputation zieht sich zurück,
indem sie ihre Ansichten festhält und sich die volle Freiheit, sie zu
vertheidigen, vorbehält.
Die monarchischen Parteien hatten einen vom Herzog v. Broglie ausge-
arbeiteten Antrag angenommen, der dahin geht, Hrn. Thiers zu nöthigen,
ein gleichartiges Cabinet zu bilden, seine Beamten unter den Männern zu
wählen, welche der Majorität und der conservativen Partei genehm seicn, und
ihn aufzufordern, alle Kräfte der Regierung gegen die radikale Partei aufzu-
bieten, welche die Ordnung, die Gesellschaft und die Religion bedrohe und das
Land seinem Untergange zuführen werde. In ihrer Unterredung mit Hrn.
Thiers erkennen die Delegirten der Rechten wiederholt die von demselben ge-
leisteten Diensie an. Wie sie von einer Aenderung in der inneren Politik
sprechen, erneuert Thiers seine Erklärungen von Bordeaux und Versoailles.
Er habe, sagt er, die Republik übernommen und arbeite an ihrer Befestigung.
Die Aufrechkerhaltung der Republik sei eine Garantie für das Wohl Frank-
reichs; monarchische Restaurationsversuche wlirden, einen Bürgerkrieg hervor-
rufen. Seine Politik sei eine wesentlich conservative, wie Das sein ganzes
beben beweise. Die letzten Wahlen könnten seinem Einflusse nicht zugeschrie-
en werden.
Das Ministerium gibt in Folge der Demonstration der monarchi-
schen Parteien Hrn. Thiers seine Entlassung ein, zieht sie aber wieder
zurück mit Ausnahme des legitimistischen Baron de Larcy, dessen De-
mission auch angenommen wird.
„ Nat.-Versammlung: erledigt das Wehrgesetz und beschließt auf den
Antrag des Bischofs Dupanloup einstimmig, demselben folgenden Zu-
satz anzufügen:
„Die Minister des Kriegs und der Marine haben durch Reglements dafür
zu sorgen, daß den Militärs aller Wafssen die nöthige Zeit und Freiheit ge-
sichert bleibt, ihre religiösen Pflichten an Sonntagen und andern nach ihren
respektiven Bekenntnissen geheiligten Festtagen zu erfüllen. Diese Reglements
sind in der Gesetzsammlung zu veröffentlichen.“ Kriegsminister de Cissey:
Auch die Regierung ist mit dem Antrag einverstanden, nur darf diese Be-
stimmung nicht etwa ein Vorwand für Indisciplin und Ungehorsam werden.
Ich mache also ausdrücklich den Vorbehalt, daß, wenn es die Erfordernisse
des Dienstes erheischen, man die Truppen auch an den erwähnten Tagen
unter den Waffen behalten wird; dann wird eben der Grundsatz gelten: Wer
arbeitet, der betet. Es ist übrigens sehr ungerecht, zu sagen, daß die Armee
eine Schule des Unglaubens sei. W vermöge seines Berufs beständig dem
Tod ins Auge blickt, der ist auch gern geneigt, zu glauben, daß er auf dem
Schlachtfelde nicht wie ein Hund verendet.
„ Nat.-Versammlung: Das rechte Centrum nimmt den Bericht seiner
Deputation zu Hrn. Thiers entgegen, genehmigt das Verhalten der-
selben durchaus und einigt sich darüber, in dem nächsten prinzipiellen
Conflicte, der sich in der Kammer ergeben könnte, mit folgender Tages-