Das drulsche Reich und seine einzelnen Slieder. 39
kämpften und blutcten im Kriege mit den Christen, und sollten dann von der
Ehe mit den Christen ausgeschlossen sein. Das müßten sie als ein an ihnen
geilbtes Unrecht empfinden. Die Minderheit wendet dagegen ein, daß die sitt-
liche Würde der Ehe zwischen in dem Religionsbekenntniß so sehr verschiedenen
Ehegatten nothwendig verloren gehen müsse und gar nicht möglich sei, daß
eben dadurch die Kindererziehung nothleiden müsse, solche Ehen also verderblich
für den Staat seien. Die Gegner bestreiten dies und legen auch darauf Ge-
wicht, daß dadurch, daß man, um diese Ehe zu ermöglichen, den einen Theil
zum Religionswechsel zwinge, die Heuchelei befördert werde, was auch nicht
zum Heil des Staats gereiche. Bei der Abstimmung wird der Minderheits-
antrag mit 21 gegen 9 Stimmen angenommen, der Beitritt zum Beschlusse
des andern Hauses also abgelehnt.
— Jan. (Preußen.) An der Berliner Börse ist der Gründungsschwindel
17.
19.
22.
in voller Blüthe.
„ (LPreußen.) Der König vollzieht die Entlassung des Cultusmi-
nisters v. Mühler.
. (Bayern.) Der oberste Gerichtshof verwirft die Nichtigkeits-
beschwerde des Bischofs von Regensburg als unbegründet, bestätigt ein
wegen Ehrenkränkung verurtheilendes Erkenntniß des Bezirksgerichts
und verurtheilt den Bischof auch in die Kosten.
Das Erkenntniß ist im Wesentlichen, wie folgt, motivirt: Durch das Ur-
theil des Bezirksgerichts sind sowohl die incriminirten Aeußerungen als die
Intention des Beklagten: durch dieselben den Kläger der allgemeinen Miß-
achtung preiszugeben und ihn in seiner Ehre zu kränken, festgestellt. Den
Bischöfen steht zwar unzweifelhaft ein Recht der kirchlichen Censur Über die
Gläubigen zu, jedoch ist ausgeschlossen, daß sie hiebei sich einer Privatehren=
kränkung schuldig machen; vielmehr ist, wenn sie dabei Aeußerungen vor-
bringen, welche geeignet sind, den Betheiligten in der Achtung seiner Mitbürger
herabzusetzen, oder wenn diese Aeußerungen der Absicht entsprungen sind, dessen
Ehre anzugreifen, das Gebiet der kirchlichen Censur verlassen und das des
Strafrechts betreten.
„ (Preußen.) Der König ernennt den geh. Ober-Justizrath Falk
zum Minister der geistlichen, Unterrichts= und Medicinalangelegenheiten.
23—27. Jan. (Bayern.) II. Kammer: Debatte über die Beschwerde des
Bischofs von Augsburg und verschiedener Einwohner von Mering und
den Filialorten, die Verletzung verfassungsmäßiger Rechte (durch den
dem altkath. Pfarrer Renftle gegen die Maßregelungen des Bischofs
von der Regierung gewährten Schutz) betr. Die ultramontane Mehrheit
der Commission beantragt, die Beschwerde für begründet zu erachten,
die liberale Minderheit dagegen, sie abzuweisen. Reden des Cultusmin.
v. Lutz und des Ministerpräs. Graf Hegnenberg. Bei der Abstimmung
fehlen von den 154 Abgeordneten 2 Patrioten wegen Krankheit und
fallen 3 von der Partei ab, während der zur Fortschrittspartei ge-
hörige Abg. Bert. Müller von Frankenthal, welcher jüngst das Bein
gebrochen, sich in den Sitzungssaal hatte tragen lassen. Bei der Ab-
stimmung stehen dadurch 76 gegen 76 Stimmen: die Beschwerde ist
also abgewiesen. Die ultramontane Majorität der Kammer erleidet
damit die dritte große und diesmal definitive Niederlage seit dem