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lehnt hierauf für die Interpellation Changarnier die einfache Tagesordnung
mit 495 gegen 132 Stimmen, den Antrag Benoits auf motivirte Tagesord-
nung mit 372 gegen 327, die Tagesordnung Jaures' mit 452 gegen 188
Stimmen ab, gegen welche alle die Regierung sich erklärt hatie. Der von der
Regierung befürwortete Antrag Mettetal: daß die Nationalversammlung, auf
die Energie der Regierung vertrauend und die Gambetta'schen Grenobler Grund-
sätze zurückweisend, zur Tagesordnung Üübergehe, wird mit 267 gegen 117
Stimmen angenommen.
19. Nov. Hr. Thiers spricht in Folge der Abstimmung vom 18. d. M.
von Abdankung und erklärt einer Deputation der Linken: „Damit ich
zustimme, die Regierung zu behalten, muß ich zuerst die moralische
Kraft haben, welche mir die gestrige Sitzung geraubt hat und die ein
förmliches Vertrauensvotum mir allein zurückgeben kann; ich muß auch
gewisse Reformen haben, welche den Gang unserer Institutionen er-
leichtern. Nur unter diesen Bedingungen kann ich an der Gewalt
bleiben.“ Die Minister des Innern und der Finanzen bieten ihre
Entlassung an, die von Hrn. Thiers jedoch nicht angenommen wird.
Nat.-Versammlung: wählt die am 13. d. M. beschlossene Com-
mission Kerdrel betr. die Botschaft des Präsidenten der Republik. Von
den Gewählten gehören 9 der Rechten an und können nur 6 als
Freunde der Politik des Hrn. Thiers betrachtet werden.
21.—23. Nov. Nat.-Versammlung: Hr. Thiers gibt in der Commission
Kerdrel wiederholte Erklärungen über seine Auffassung der Lage ab.
Die Commission wählt darauf den conservativen Hrn. Batbie zu ihrem
Berichterstatter mit den 9 Stimmen gegen die 6, welche auf den re-
gierungsfreundlichen Hrn. de Lasteyrie fallen.
In der ersten Erklärung läßt sich Hr. Thiers des längeren über die Lage
des Staates aus; indem er darauf dringt, daß der jetzige unentschiedene Zu-
stand aufhöre, erklärt er: daß die Umstände die republikanische Staatsform
nothwendig machen. Thiers erklärt sich mit Einführung des parlamentarischen
Systems einverstanden, wodurch die Verantwortlichkeit des Ministeriums er-
weitert werde, ohne jedoch ganz darauf zu verzichten, an den Debatten Theil
zu nehmen. Thiers bittet, gegen jene Concession ihn zu unterstützen und die
Regierung auf dem Boden der conservativen Republik zu organisiren. In
der zweiter Erklärung hält er sich streng auf dem Boden der Botschaft und
der conservativen Republik und erklärt sich bereit, alle mit dem öffentlichen
Interesse und der eigenen Würde vereinbaren Concessionen zu machen. Er
betont die Nothwendigkeit der Verlängerung seiner Amtsgewalt, die Errich-
tung einer zweiten Kammer, die theilweise Erneuerung der Nationalversamm-
lung, er gibt dagegen die Ministerverantwortlichkeit und die Regelung der
Beziehungen zwischen der gesetzgebenden und der vollziehenden Gewalt zu.
„Machen Sie also gefälligst einen Bericht, in welchem Sie die Kammer auf-
fordern, eine neue Commission zu ernennen, welche diesen Reformplan aus-
zuarbeiten hätte. Vor dieser Commission werde ich erscheinen, ihr meine An-
sichten darlegen, ohne sie ihr im Geringsten aufdrängen zu wollen, und sie
wird dann einen mithin lediglich aus der Initiative der Kammer hervor-
gegangenen Entwurf verfassen.“ Ein Mißvergnügter von der Rechten, Hr.
Ernoul, entgegnet, daß die Commission, wenn sie diesem Vorschlage entspräche,
die Botschaft stillschweigend gutheißen würde. Hr. Thiers erwidert, er muthe
der Commission keine positive Kundgebung zu Gunsten der Republik zu, er
halte für seinen Theil nur Das, was er in dieser Hinsicht gesegt habe, in