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einer Weise erklärt werden: die Aufhebung der Religionslehrerstellen sollte die
Geldmittel liefern für die Erhöhung der Gehalte der anderen Lehrer. Allein,
wie sich leicht denken läßt, die Ausschließung des Religionsunterrichts aus den
Secundärschulen des Staates ist ein viel zu ernsthafter legislatorischer Akt,
als daß derselbe nicht mannigfachen und starken Widerspruch hervorgerufen
haben sollte und zwar namentlich auch von Seite entschieden anticlerical Ge-
sinnter und aus rein politischen Motiven, indem sie wohl mit Recht befürch-
teten, daß dadurch nur den von Geistlichen geleiteten Privatschulen, zum Nach-
theil der staatlichen Institute, in die Hände gearbeitet würde. Das Ministe-
rium verlangte daher die Zurückziehung des Entwurfs, wozu sich jedoch Cor-
renti nicht entschließen konnte.
18. Mai. II. Kammer: Die Linke interpellirt die Regierung wegen der
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Entlassung Correnti's und verlangt eine mißbilligende Tagesordnung,
unterliegt aber mit 114 gegen 175 Stimmen.
„ II. Kammer: Der Justizminister verspricht die baldige Vorlegung
des Gesetzesentwurfes betr. die Aufhebung der Klöster in der Pro-
vinz Rom.
„ — 6. Juni. Der Kronprinz Umberto macht mit seiner Gemahlin,
der Prinzessin Margherita, einen Besuch am Hofe des deutschen Kai-
sers in Berlin, wo sie auf's herzlichste und auf's glänzendste aufge-
nommen werden. Die politische Bedeutung des Besuchs wird in Ita-
lien so wenig verkannt als in Deutschland.
„ II. Kammer: Der Abg. Cairoli beantragt die Einführung des
allgemeinen Stimmrechts und die Kammer beschließt, den Antrag we-
nigstens in Erwägung zu ziehen. Der Ministerpräsident Lanza erklärt
inzwischen sofort, daß die Regierung den Antrag auf's entschiedenste
bekämpfen werde.
3. Juni. Verfassungsfeier in ganz Italien. In Rom hält der König
zur Feier eine große Revue über die Nationalgarde ab.
11.—14. Juni. Prozeß wegen des Vorfalls an der Porta Cavallegieri,
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wobei ein päpstl. Gendarm getödtet wurde. Die Geschwornen sprechen
die Angeklagten frei, was im Vatican mit Recht einen sehr schlimmen
Eindruck macht, obgleich die Regierung daran keine Schuld trägt,
vielmehr ihrerseits alles gethan hat, um die Schuldigen zur Strafe
zu bringen.
„ II. Kammer: hält ihre letzte Sitzung, ohne daß die Session förm-
lich geschlossen wird.
Die Commission für den Gesetzesentwurf betr. Einführung des ob-
ligatorischen Elementarunterrichts erklärt sich im Prinzip für denselben
und wählt den ehemaligen Unterrichtsminister zu ihrem Referenten.
Ein kgl. Dekret expropriirt wieder drei große Klöster in Rom.
3. Juli. Der Erzbischof von Neapel fordert, in Abweichung von dem
bisherigen System der römischen Curie, die Clericalen auf, an den
bevorstehenden Municipalwahlen der Stadt Ncapel Theil zu nehmen.