Die päpftliche Curie. 463
zu nehmen. Da nun auf diese Weise dem Papst nicht beizukommen sei, bleibe
der Regierung nichts übrig, als sich an die Presse zu halten, und so müssse sie
die Erklärung abgeben, daß in Zukunft die Zeitungen, welche strafbare Aeuße-
rungen Über König und Regierung bringen, gleichviel ob diese aus dem Munde
Sr. Heiligkeit-herrühren oder nicht, der Strenge der Strafsgesetze verfallen wür-
den. Es scheint aber, daß die öffentliche Meinung auch hiemit noch nicht zu-
frieden ist. Bisher galt es in Italien als ausgemacht, daß das Bleiben des
Papstes in Rom als ein unzweifelhafter Gewinn für Italien zu betrachten sei.
Den Entschluß des Papstes, sich auf Reisen zu begeben, hätte man fast für ein
Nationalunglück gehalten. Von dieser Meinung nun scheint man allmälig ab-
zukommen. Selbst die Florentiner „Nazione", ein Blatt der gemäßigten Partei,
läßt sich aus Rom schreiben: „Alles fragt sich, ob es denn länger zu ertragen
sei, daß der Papst, so oft es ihm beliebt, Tausende von Personen aus der
untersten Volksklasse um sich versammelt, sie mit aufrührerischen Reden auf-
stachelt, Haß und Verachtung gegen König und Regierung unter sie aussäet
und hernach dem Herrn Thiers durch den Cardinal Bonnechose unbefangen
erklären läßt, es falle ihm gar nicht ein, Nom zu verlassen. Man fragt sich,
ob denn die Anwesenheit des Papstes in Rom unter diesen Umständen noch
wünschenswerth sei, ob es nicht besser wäre, er ginge anderswohin, elwa nach
Avignon, wo er dann Aufruhr gegen die Regierung des Herrn Thiers predigen
mag; man fragt sich, ob eine solche Politik vernünftig und würdevoll ist und
ob man die Regierung ermuthigen darf, auch in Zukunft darauf zu beharren.“
Die Regierung ist in einer um so schwierigeren Lage, als sie durch das Garantie-
gesetz alle erdenklichen Freiheiten dem Papst zugesichert hat, und weil, wenn auch
dieses Gesetz durch die Ablehnung von Seite des Papstes nicht perfekt geworden
ist, es doch die stillschweigende Bedingung war, unter welcher alle katholischen
Mächte dem Sturz der weltlichen Herrschaft ruhig zugesehen haben. An den
Bestimmungen des Garantiegesetzes hält daher die Regierung mit äußerster
Gewissenhaftigkeit fest."“
22. Dez. Allocution des Papstes im Consistorium der Cardinäle gegen
Italien und gegen Deutschland und die Schweiz.
Den Haupttheil derselben bilden Klagen über die „langwierige und grim-
mige Verfolgung“, unter welcher der apostolische Stuhl und mit ihm die ganze
Kirche seufze. Nachdem zunächst über die durch die Occupation Roms durch
Italien geschaffene Lage und die seitdem erlassenen italienischen Staatsgesetze
im Allgemeinen geklagt worden, wird zu dem vor Kurzem der Kammer vor-
gelegten Gesetzentwurf über die geistlichen Genossenschaften in Rom üÜberge-
gangen. „Kaum daß wir hörten, daß ein Minister der subalpinischen Regie-
rung der gesetzgebenden Versammlung den Vorsatz mitgetheilt habe, ihr diese
Gesetze vorzulegen, enthüllten wir sofort mit einem am 16. Juni lfd. Is. an
unseren Cardinal-Staatssekretär gerichteten Schreiben deren verbrecherische
Tendenz und trugen demselben auf, diese neue uns bevorstehende Gefahr,
sowie die anderen Uebel, welche wir erdulden, den bei dem heiligen Stuhle
accreditirten Gesandten der Herrscher anzuzeigen. Nachdem jedoch setzt das an-
gedrohte Gesetz bereits vorgelegt ist, erheischt es völlig das Amt unseres Apostel-
thums, daß wir vor euch, ehrwürdige Brüder, und vor der ganzen Kirche mit
lauter Stimme die Klagen erneuern, in welche wir, wie es wirklich geschehen
ist, schon früher ausbrachen. Daher im Namen Jesu Christi, dessen Stell-
vertretung wir auf Erden föhren, indem wir dieses verruchte Attentat
mit der Autorität der heiligen Apostel Petrus und Paulus und mit unserer
eigenen verwünschen, verdammen wir es mit jedem, was immer für einem
Gesetzentwurfe, welcher sich die Macht anmaßte, die religiösen Familien in Rom
und in den umliegenden Provinzen zu kränken, zu drlicken, zu vermindern, zu
unterdrücken und hier die Kirche ihrer Güter zu berauben und sie dem Fiskus