Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

Die Schweit. 469 
nicht durch Bundesbeamte) zu geschehen habe, war eine Anerkennung der Au- 
tonomie der Kantone 8 20]. Dem §& 21, der den Bund berechtigt, auf seine 
Kosten öffentliche Werke zu errichten oder zu unterstützen, sowie die Er- 
richtung solcher im militärischen Interesse zu untersagen, wurden die neueren 
§5 22 und 23 hinzugefügt: „Der Bund hat das Recht der Oberaufsicht Über 
die Wasserbau= und Forstpolizei im Hochgebirge. Er wird die Correktion und 
Verbauung der Wildwasser und die Aufforstung ihrer Ouellengebiete unter- 
stützen und die nöthigen schützenden Bestimmungen zur Erhaltung dieser Werke 
und der schon vorhandenen Waldungen aufstellen“ [§ 22 neul. „Der Bund 
ist befugt, gesetzliche Bestimmungen zum Schutze der für die Land= und Forst- 
wirthschaft nützlichen Vögel, sowie Über die Ausübung der Fischerei und Jagd, 
namentlich zur Erhaltung des Hochwildes zu treffen [§8 23, und in dem eben- 
falls neuen 6 24 ward die Gesetzgebung über den Bau und Betrieb der Eisen- 
bahnen, die zur Zeit der alten Verfassung noch nicht existirten, zur „Bundes- 
sache" gemacht. In § 22 alt 125 neus, der den Bund zur Errichtung einer 
Universität und einer polytechnischen Schule berechtigt, ward auch diejenige 
anderer höherer Unterrichtsanstalten vorgesehen, und wurden die beiden neuen 
Bestimmungen hinzugefügt: „Die Kantone sorgen für obligatorischen und un- 
entgeltlichen Elementarunterricht. Der Bund kann Über das Minimum der An- 
sorderung an die Primärschulen gesetzliche Bestimmungen erlassen.“ Im Zoll- 
wesen wurden erhebliche Veränderungen insofern gemacht, als die den Kan- 
tonen bisher bezahlten Entschädigungen für den durch die alte Verfassung 
vorgesehenen und seither vollzogenen Loskauf der Zölle, Weg= und Brücken- 
gelder, Kaufhaus= u. a. dgl. Gebühren, sowie die denselben aus dem Ertrag 
der eidgenössischen Eingangs-, Durchgangs= und Ausgangszölle geleisteten Ver- 
gütungen von 4 Batzen auf den Kopf der Bevölkerung [(§ 26 alt] gestrichen 
wurden (§ 28 neul, und der den Kantonen (Ohmgeld) und einzelnen Gemein- 
den (Octroi) zugestandenen Berechtigung, Eingangsgebühren auf Wein und 
andere geistige Getränke zu erheben [§ 32 altl, eine Frist von 20 Jahren 
gestellt ward, nach deren Ablauf dieselben ohne Entschädigung wegzufallen ha- 
ben [§ 33 neufl. Sodann wurde den vier Kantonen Uri, Graubünden, Tessin 
und Wallis „mit Rücksicht auf ihre internationalen Alpenstraßen“ eine jähr- 
liche Entschädigung von je 70,000, 200,000, 200,000 und 50,000 Franken, 
und Uri und Tessin für Besorgung des Schneebruchs auf dem St. Gotthard 
eine solche von zusammen 40,000 Fr. bestimmt [/F 28 neul. In 8 29 neu 
wurde die Freiheit des Handels und der Gewerbe gewährleistet unter den 
meisten bisherigen Vorbehalten, und in dem neuen 8 30 den Kantonen „an- 
heimgestellt, die Ausübung der wissenschaftlichen Berufsarten von einem Aus- 
weise der Befähigung abhängig zu machen“", dagegen dem Bunde vorbehalten, 
edaflr zu sorgen, daß solche Ausweise für die ganze Schweiz giltig erworben 
werden können“. Der ebenfalls neue & 31 untersagt die Errichtung von Spiel- 
banken, setzt zur Schließung der bestehenden eine Frist von 5 Jahren, erklärt 
die seit 1871 ertheilten Concessionen für ungiltig und befugt den Bund be- 
züglich der Lotterien zu „geeigneten Maßnahmen". Hieran schließt sich die 
ebenfalls neue Befugniß des Bundes: „zum Schutze der Arbeiter gegen Ge- 
sundheit und Sicherheit gefährdenden Gewerbebetrieb einheitliche Bestimmungen 
aufzustellen und die Verwendung von Kindern in den Fabriken gesetzlich zu 
regeln.“ Auch der Geschäftsbetrieb von Auswanderungs-Agenturen und Privat- 
unternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens wird der „Aussicht und 
Gesetzgebung des Bundes" unterstellt (& 32 neul. Das seit 1848 den Kan- 
tonen abgenommene Postregal, für welches jene bisher eine entsprechende Ent- 
schädigung bezogen ([§ 33 altl, sowie das seither erst aufgekommene Tele- 
graphenwesen werden in § 34 neu zur Bundessache erklärt, die Entschädigung 
wird gestrichen und der Ertrag derselben der Bundeskasse zugewiesen. Die 
Oberaussicht über Straßen und Brücken, „an deren Erhaltung die Eidgenossen- 
schaft ein Interesse hat“, verblieb dem Bunde; Münz-Regal und Prägung,
	        
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