Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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Die Schweiz. 
aus Genf, der durch den (revisionsfreundlichen) Borel aus Neuenburg 
ersetzt wird. Zum Bundespräsidenten wird Cérésole, der, als nicht 
entschieden revisionsfeindlich, bei den letzten Nationalrathswahlen in 
seinem Heimathscanton Waadt übergangen worden war, gewählt. 
7. Dez. Eine Reihe von Gemeinden in den Cantonen Solothurn und 
16. 
18. 
19. 
20. 
Aargau erklären sich in Gemeindeversammlungen mit Stimmenmehr- 
heit gegen die päpstliche Unfehlbarkeit und beschließen, daß dieselbe weder 
von der Kanzel noch in den Schulen gelehrt werden dürfe. 
„ (Genf.) Bei der Ergänzungswahl des protestantischen Consisto- 
riums siegen die Liberalen mit ca. 400 Stimmen über die Orthodoxen, 
so daß die Majorität der Behörde fortan den ersteren gesichert ist. 
„ (Solothurn.) Der Bischof Lachat lehnt die Forderungen der 
Diözesanconferenz in einem einläßlichen Antwortschreiben ab, in dem 
er seine Erörterungen in folgende Hauptpunkte zusammenfaßt: 
1) Es werde den Dißzesanständen von selbst klar sein, daß der BVischof eine 
staatliche Regulirung reiner Glaubenssätze niemals anerkennen, noch überhaupt 
eine Behinderung seines apostolischen Lehramtes als zu Recht bestehend erachten 
könne. 2) Da die Cenfuren gegenber Mitgliedern des geistlichen Standes 
nichts Anderes seien, als eine Entziehung von Befugnissen und Ansprüchen, 
welche rein auf dem religiösen Standpunkte und Glaubenssystem beruhten, und 
es Sache des allein hiefür competenten Bischofs sei, zu beurtheilen, inwieweit 
ein Priester solche Maßregeln verdiene, so sei es in der Natur der Sache be- 
gründet, daß der Oberhirt auf die Befugniß zu solchem Urtheil in keinem 
Falle verzichten dürfe. Uebrigens sei die Anwendung von schweren Censuren 
auch nur auf seltene Fälle arger Pflichtwidrigkeit der Geistlichen beschränkt. 
um so mehr, als das Vaterherz des Bischofs hiebei nie minder leide, als der 
Betroffene selbst. 3) Der Bischof, und nur er, habe die Befugniß, Pfarrer 
zu entsetzen. Er nehme zurück, was er gegeben. Auf diese Befugniß ver- 
zichten, hieße jeden ungetreuen, antikatholisch auftretenden oder auch sittlich un- 
würdigen Geistlichen, sosern der Staat ihm gewogen sei, frei schalten und 
walten lassen, Irrthum und Verderben auszusäen. 4) Der Bischof, aufgefor- 
dert von den Dibzesanständen, die über die Priester Egli und Gschwind ver- 
hängte Excommunikation zurlckzunehmen, erklärt, er werde mit Freude und 
Trost beim apostolischen Stuhle die Vermittlung für die Rehabilitation der 
Genannten übernehmen, wofern sie reumüthig und mit Anerkennung ihrer be- 
gangenen schweren Schuld zum Glauben an die volle katholische Lehre zurück- 
kehrten, bereit, hievon öffentliches Zeugniß zu geben und das gestiftete Aerger- 
niß nach Kräften gut zu machen. „So lange die beiden Unglücklichen aber 
im Ungehorsam und in ihrer glaubenswidrigen Gesinnung verharren, bleibt 
mir nur übrig, für sie zu beten, auf daß Gottes Gnade sie zurückführe.“ Das 
Schreiben endigt mit der Erklärung des Bischofs, eher den Tod als die 
Schande eines pflichtvergessenen Hirten auf sich laden zu wollen. 
„ Das Centralcomité der Altkatholiken in Bern verstärkt sich durch 
die Wahl mehrerer Mitglieder aus der franz. Schweiz, wo die alt- 
katholische Bewegung in Folge der Wirren mit dem Bischof Mermillod 
feste Wurzeln fassen zu wollen scheint. 
„ Nationalrath: 75 Mitglieder stellen eine Motion auf Wiederauf- 
nahme der Bundesrevision. Die Föderalisten wollen sich einer solchen 
nicht widersetzen, natürlich nur unter Vorbehalt ihres Prinzips, und
	        
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