Die Ichweiz. 491
die Motion wird mit 103 gegen eine einzige Stimme zum Beschluß
erhoben.
Der Wortlaut der Motion geht dahin: „Der Bundesrath wird einge-
laden, der Bundesversammlung Bericht und Anträge vorzulegen zur Wieder-
aufnahme der Revision der Bundesverfassung.“ Feer-Herzog (Nargau)
und Philip pin (Neuenburg) begründen die Motion. Beide Redner bezeich-
nen die Revision der Bundesverfassung als eine unabweisbare Nothwendigkeit,
bedingt durch die geistigen und materiellen Anforderungen der Zeit, sowie durch
den Willen des Volkes, der sich namentlich durch die Nationalrathswahl vom
27. Oktober kundgegeben habe. Wenn auch innerhalb der großen Reformpartei
abweichende Ansichten beständen, so sei dieß kein Nachtheil, sondern vielmehr
ein Vortheil, weil die Reformidee dadurch nur an Leben gewinne; ja selbst
die Opposition gegen das Revisionswerk werde zu seinen Gunsten ausschlagen.
Als Redner der Antirevisionisten, welche sich schon in einer Vorversammlung,
entgegen einem Antrag Arnolds von Uri, sich an der Abstimmung über die
Motion nicht zu betheiligen, für die von Dr. J. Dubs unter Vorbehalt der
Wahrung des Föderatioprinzips beantragte Betheiligung entschieden hatten,
treten dieser und Delaraglaz (Lausanne) auf. Beide erklären: ihre Partei
sei nie prinzipielle Gegnerin der Bundesrevision gewesen, nur verlange sie, daß
eine solche auf der föderativen Grundlage des Bundes von 1848, welche einzig
und allein die Freiheit und Unabhängigkeit der Nation in den Eigenthümlich-
keiten der Bevölkerung der einzelnen Landestheile garantire, vor sich gehe.
Von diesem Standpunkt aus könne die Partei, ohne ihren Grundsätzen untreu
zu werden, für die Motion auf Wiederaufnahme der Revision stimmen.
Hoffentlich werde der Bundesrath, eingedenk seiner großen Verantwortlichkeit,
Vorschläge bringen, geeignet zur Verständigung und zur Erhaltung des Frie-
dens des Landes. Die Abstimmung erfolgt unter Namensaufruf und ergibt
103 Ja und ein einziges Nein seitens des Freiburger Mitgliedes Chanchy.
21. Dez. Ständerath: tritt dem Beschlusse des Nationalrathes betr. Wieder-
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aufnahme der Bundesrevision mit 84 gegen 2 Stimmen bei.
„ Beide Räthe der Bundesversammlung einigen sich über das ihnen
vom Bundesrathe vorgelegte Eisenbahngesetz, das namentlich das Eisen-
bahnconcessionswesen den Cantonen 2c. entzieht und dem Bunde überträgt.
„ (Solothurn.) Das vom Cantonsrath beschlossene Gesetz, betr.
die periodische Wiederwahl der Geistlichen, wird, obgleich der Clerus
und die ultramontane Partei alles daran gesetzt haben, es zu Fall zu
bringen, in allgemeiner Volksabstimmung mit 7584 gegen 6083
Stimmen genehmigt. Die ultramontane Partei scheint damit im Canton
Solothurn definitiv unterlegen zu sein.
„ Schluß der Session der Bundesversammlung. Der Antrag gegen
den Nuntius und der Rekurs des Stadtrathes von Luzern, betr. die
Altkatholiken, werden auf die nächste Session vertagt.
„ (Solothurn.) Die ultramontane Partei gibt sich noch nicht für
besiegt: sie sammelt Unterschriften für das Verlangen, die Beschlüsse
der Diözesanconferenz der allg. Volksabstimmung zu unterstelleu, um,
wenn es gelinge, eine Verfassungsrevision zu beschließen und die Re-
gierung durch dieses Mittel zu stürzen.