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Polland.
mit ihren Arbeitgebern und fragen nicht viel nach den großen Phrasen der
internationalen Revolution. Als dieß zur Sprache kam, behaurtete Hr. Marx
ganz kühl, die Bradlaugh, Odger und sonstigen Führer der engl. Arbeiter=
partei hätten sich dem Ministerium, der Aristokratie und der Bourgeoisie ver-
barfe Alle Beschlüsse nun, die der Congreß im Haag in Bezug auf die Or-
ganisation des Bundes und die Stellung des Generalrathes faßte, sind im
Sinne der Centralisten ausgefallen. — Bei der zweiten Hauptfrage, die po-
litische Stellung der Internationale betreffend, bewegte sich der Kampf zwischen
den Deutschen und den Blanquisten als den Vertheidigern des Londoner Con-
ferenzbeschlusses einer= und den sog. Abstentionisten (identisch mit den Födera-
listen), welche sich überhaupt mit Politik im gewöhnlichen Sinn dieses Wortes
nicht befassen wollen, andrerseits. Wir tragen Einiges aus den Debatten
nach, woraus die Verschiedenheit der einzelnen Standpunkte klarer hervorgeht.
Longuet stellte im Sinne des Londoner Conferenzbeschlusses den Antrag, daß
die Arbeiter sich als politische Macht constituiren müssen, jedoch verschieden
und in Opposition mit allen übrigen, von den besitzenden Classen gebildeten
Parteien. Er bemerkte u. A.: Da die Herren der Erde und des Kapitals
ihren Einfluß benützen, um die Arbeiter auszubeuten, so ist erste Pflicht des
Proletariats die Eroberung politischer Gewalt. Vaillant, welcher die Be-
richterstattung über den Antrag Übernommen, legte der Proposition eine un-
bestreitbare Wichtigkeit bei. Mit dürren Worten und schneidendem Tone trug
er sie vor, mit düsterem Ausdruck und klangloser Stimme, wie einer, der ein
Todesurtheil verliest. Nach den Vorgängen mit der Commune und dem
Siege der Versailler, begann er, bedarf die Proposition keiner Rechtfertigung
mehr. Es ist klar, daß die Welt durchaus Spielball der Gewalt ist; also
muß auch das Proletariat sich der Gewalt bedienen, um seine Befreiuung zu
erringen. Der Nachtheil, in welchem sich dasselbe gegenllber der Bourgeeisie
befindet, kommt daher, daß letztere politische Freiheiten besitzt. Sie hat die
Gewalt, und wenn der sociale Kampf ihren Interessen nahe tritt, bedient sie
sich der politischen Gewalt, um die Errungenschaften, welche die Arbeiter ge-
macht haben könnten, zu zertrümmern. Nur durch die „Eroberung"“ der po-
litischen Gewalt also können die Arbeiter die Aufhebung der Classen durch-
führen, indem sie zunächst vermittelst einer Revolutions = Periode alle Classen
unter die Diktatur des Proletariats beugen. Indifferenz gegenüber poli-
tischen Dingen, wie wir sie selbst in unserer Partei finden, ist wider
das Inleresse der Internationale. Nicht minder schädlich sind die Intrigu-
anten, welche ebenfalls Indifferentismus gegen die Politik predigen. Was
die angeblich radikalen „Bourgeois“ anlangt, so sind uns die Gambetta eben
so verhaßt, wie die Thiers. Ueberhaupt lönnen wir die Bourgeoisie nur
hassen und wollen mit ihr in keine andere Beziehung treten, als die des
Kampfes. Was haben wir also zu thun? Nicht im Einzelnen können wir
die Ungerechtigkeit des Classenunterschiedes aufheben, sondern nur durch den
Kampf gegen die Bourgeoisie auf's Messer und überall. Der Anfang dazu
ist, daß man der Bourgeeisie die politische Gewalt nimmt; hat sie diese ver-
loren, so hat sie Alles verloren. Zu diesem Behufe müßte, ähnlich der Com-
mune von Paris, ein offenfiver Bund von Communen in der ganzen Welt
erstehen, dann würde die Stunde der Bourgeoiste und der Aufhebung der
Classen schlagen. — Hepner aus Leipzig, Freund Bebel's und Liebknecht's,
sekundirte Vaillant im gleichen Sinne. — Guillaume erklärte gegenüber
den centralistischen Ausführungen Vaillant's, er wolle keinen Arbeiterstaat, er
sei Föderalist, worauf ihm der deutsche Communist Engels bemerkte, das
verstehe er nicht recht; sei die Bourgeosie einmal besiegt, so werde man auch
den Staat beseitigen. — Ein anderer deutscher Delegirter gab seinen
Gedanken in folgenden Worten Ausdruck: „Man hat uns Deutschen den Na-
men „autoritäre Socialisten“ beigelegt. Nun, ich gestehe, daß wir es in ge-
wisser Beziehung sind. Wir halten es für nothwendig, daß die Autorität des