Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

Polland. 501 
6. Dec. Die Regierung ernennt einen Ausschuß, welcher eine Untersuchung 
über die etwaigen für Niederland nachtheiligen Folgen der in andern 
Ländern mit Bezug auf das Münzwesen getroffenen Maßregeln er- 
wägen soll. Die Commission soll nöthigenfalls dem König Vorschläge 
hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen machen. 
14. „ II. Kammer: nimmt einen Gesetzentwurf zu Verhütung epidemi- 
scher Krankheiten mit 23 gegen 12 Stimmen nach einem heftigen 
Kampfe mit der orthodoxen Fraction an. 
Der Ausgang der Abstimmung war, wie immer, wenn eine religiöse An- 
gelegenheit im Spiele ist, von der öffentlichen Meinung mit großer Spannung 
erwartet worden. Als nämlich die zweite Kammer im October das Gesetz fest- 
stellte, schaltete dieselbe das Verbot in den Entwurf ein: weder Lehrlinge noch 
Lehrer oder Lehrerinnen in die öffentlichen Schulen zuzulassen, welche den 
Nachweis, si.lh der Impfung unterzogen zu haben, nicht vorher geliefert hätten. 
Nun scheint aber das Ergreifen irgend eines Schutzmittels nicht mit den Lehren 
der Orthodoxie im Einklang zu stehen. Wenigstens wurde das Verbot, erst 
in der Kammer und später außerhalb derselben, als ein unverzeihlicher Ein- 
griff in die Religionsfreiheit derjenigen hingestellt, welche die Impfung als 
einen frevelhaften Eingriff in die göttlichen Rathschlüsse betrachten. Der erste 
Versuch in der zweiten Kammer blieb indeß erfolglos; der zweite, um mittelst 
Bittschriften die Abweisung des Gesetzes seitens der ersten Kammer zu erwirken, 
lieferte keine besseren Resultate. 
20. „ I. Kammer: genehmigt auch ihrerseits den neuen Zolltarif für die 
ostindischen Besitzungen mit 21 gegen 14 Stimmen, und geht über 
die von Seite der Schutzzöllner dagegen aufgebrachten Petitionen zur 
Tagesordnung über. 
25. II. Kammer: erledigt das Cultusbudget für 1873 ohne Anstand, 
indem die Conservativen dießmal vollständig Abstand genommen haben 
von den üblichen Klagen über die neutrale Schule und den damit gewöhnlich 
verbundenen Auslassungen, offenbar in der Ueberzeugung, daß ihre Opposition 
bei der jetzigen Zusammenstellung des Parlaments und des Ministeriums we- 
niger als je Aussicht auf Erfolg hätte. Dagegen wird verschiedenerseits der 
Schulzwang befürwortet, obwohl nur als eine unerläßliche Bedingung für 
bue bessere Gesetgebung über die Verwendung von Kindern in den Fabriken 
U. s. w. 
13. Dec. II. Kammer: genehmigt nach viertägigen, ziemlich heftigen De- 
batten das Kriegsbudget für 1873 mit 46 gegen 31 und das Ma- 
rinebudget mit 48 gegen 14 Stimmen. 
Seit 1864 erwarten die gesetzgebenden Kammern nämlich vergebens eine 
vollständige Regierungsvorlage hinsichtlich des Fortifikationssystems Hollands. 
Zwar sind die Ausgaben für die Landesvertheidigung seit 1858 von 11 "/ 
Millionen Gulden bis auf den jetzigen Betrag von 17½ Millionen gestiegen, 
was mit dem Gesammtbetrag des Marinebudgets im Ganzen 261½ Millionen 
bildet, doch die betreffende Regierungsvorlage läßt noch immer auf sich warten. 
Nun sucht sich der Kriegsminister zwar damit zu entschuldigen, daß er erst 
im Juli l. J. auftrat, und folglich noch keine hinreichende Muße hatte, das 
Landesvertheidigungsgesetz auszuarbeiten, daß er aber Unterhandlungen über 
diesen Gegenstand mit seinem Collegen des Marineministeriums führe, daß er 
ebenfalls beabsichtige, das Milizgesetz einer eingehenden Revision zu unterziehen,
	        
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