Das deutsche Reich und seine einzelnen Slieder. 53
glieder der patriotischen Partei zu der Fortschrittspartei übergehen.
Die patriotische Majorität der Kammer scheint definitiv zur Minorität
geworden zu sein.
31. Jan. (Bayern.) Döllinger eröffnet in München vor einem ungewöhn-
lich großen Kreise von Zuhörern einen Cyclus von Vorlesungen über
die „Wiedervereinigungsversuche der christlichen Kirchen und die Aus-
sichten auf eine künftige Union“.
. (Elsaß-Lothringen.) Der Reichsanzeiger veröffentlicht ein
unter dem 23. Januar erlassenes Gesetz betreffend die Einführung
der Bestimmungen über das Reichskriegswesen in den neuen Reichs-
landen.
Dasselbe sindet auf die vor dem 4. Januar 1851 geborenen Angehörigen
von Elsaß-Lothringen keine Anwendung. Die Musterung der nach diesem
Zeitpunkte geborenen Wehrpflichtigen beginnt im Oktober 1872. Hinsichtlich
der Zulassung zum einjährigen Dienste sowie bei Beurtheilung der auf häus-
liche 2c. Verhältnisse gegründeten Anträge auf Befreiung vom Militärdienst
soll „während der nächsten Jahre auf die besonderen Verhältnisse von Elsaß-
Lothringen Rücksicht genommen werden“.
— (Preußen.) Petitionssturm an das Abg.-Haus gegen das Schul-
#
aufsichtsgesetz.
Noch niemals hat eine Vorlage der Regierung beim Landtage einen
solchen Sturm von Petitionen hervorgerusen. Es sind bereits Üüber 800 Peti-
tionen beim Abgeordnetenhause eingegangen, welche um Ablehnung der Vorlage
bitten. Der größte Theil dieser Petitionenz ist gedruckt. Sie zerfallen in drei Ka-
tegorien, von denen die eine aus der Provinz Schlesien stammt und von dem
Breslauer katholischen Volksvereine ausgegan sen ist. Ebenso wie die Katho-
liken Schlesiens, haben auch diejenigen in der Provinz Posen gewirkt. Die
Zahl der Unterschriften, welche die von den polnischen Abgeordneten eingereichten
Pctitionen tragen, beläuft sich auf mehr als 20,000. Die dritte Kategorie
stammt aus Hannover, und es dürfte wohl keine evangelisch-lutherische Ge-
meinde in dieser Provinz vorhanden sein, die sich nicht in einer Petition gegen
das Gesetz gewendet hat.
1. Febr. (Preußen.) Die Stadtverordneten von Köln räumen den Alt-
katholiken mit 25 gegen 2 Stimmen die Nathhauskapelle für ihren
Gottesdienst ein.
2. „ (Preußen.) Der Erzbischof von Köln beginnt nun auch seiner-
seits energisch vorzugehn: die bis jetzt nur suspendirten Bonner
Professoren der Theologie, Hilgers, Reusch und Langen so wie der
geistliche Professor der Philosophie Knoodt erhalten von ihm die An-
drohung, daß falls sie nicht bis zum 9. resp. 1. März die den vati-
canischen Dogmen schuldige Unterwerfung und Glaubenszustimmung
geleistet hätten, mit der großen Excommunication belegt würden.
Der Erebischof gründet sein Vorgehen besonders auch darauf, daß die Be-
treffenden, ihrer Pflicht als Staatsbeamte entsprechend, Vorlesungen angekün-
digt, resp. gehalten hätten; ein Verbrechen, welches Prof. Langen durch seine
Schrift: „Das vaticanische Dogma rc.“ und durch Annahme des Amtes als
Examinator für katholische Religionswissenschaft in der wissenschaftlichen Pr“