Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 83
sich bewußt, daß ihr nicht die polnische Bevölkerung und nicht die katholische
Kirche gegenüberstehen, weil sie die Rechte beider auf dem Gebiete der bürger-
lichen Gesetze und der Glaubensfreiheit jederzeit geachtet und geschützt hat und
achten und schützen wird; aber in diesem Bewußtsein ist sie auch fest entschlossen,
den Gesetzen Achtung zu verschaffen, unter deren Schutze die polnische, wie die
deutsche Bevölkerung sich einer Rechtssicherheit und gedeihlichen Entwicklung
erlreuen, welche jene Landestheile, bevor sie preußisch wurden, niemals gekannt
haben.“
26. Febr. (Preußen.) Abg.-Haus: Der Gesetzentwurf betreffend die
27.
28.
Steuernachlässe, resp. die Steuerreform wird nach den Beschlüssen der
zweiten Lesung angenommen. Der Finanzminister verliest eine kgl.
Ordre, wodurch die Vorlage zurückgezogen wird. Derselbe erklärt
ferner: die Regierung stimme den weitergehenden Beschlüssen der Budget-
Commission betreffs der Erhöhung der Beamtengehalte bei; die Mehr-
ausgabe von einer halben Million soll aus der durch Zurückziehung der
Steuernachlaßvorlage disponiblen Summe gedeckt werden. Endlich
bringt der Finanzminister Nachtrags-Creditforderungen von zusammen
500,000 Thalern für Landwirthschaftszwecke, für den Bau eines
landwirthschafllichen Museums und für Verstärkung der Sammlungen
der Berliner Kunstmuseen ein.
„ (Bayern.) II. Kammer: genehmigt den Gesetzesentwurf über die
Ergänzung des Pferdebedarfs für das Heer im Falle der Mobilmachung
(wie in Preußen) in der Fassung des Ausschusses mit 89 gegen 35
(patriot.) Stimmen, also mit der erforderlichen Zweidrittelsmajorität.
„ (Württemberg.) II. Kammer: beschließt an die Regierung die
Bitte zu richten:
a) die nach der Sachlage möglichen Reductionen im Personal des kgl.
Ministeriums des Auswärtigen in thunlichster Bälde eintreten zu lassen; und
b) die Frage der Vereinigung des Ministeriums — übrigens unter Wahrung
des selbständigen Charakters desselben — mit einem andern Ministerium in
Erwigung zu ziehen — und zwar Absatz a einstimmig, Absatz b mit 62 gegen
11 Stimmen.
„ (Hessen.) II. Kammer: bewilligt mit 25 gegen 20 Stimmen
die Besoldungserhöhungen der Beamten nach Maßgabe der Regierungs-
vorlagen und ersucht die Regierung um Vorlage eines verminderten
Personaletats.
„ (Elsaß-Lothringen.) Der Reichskanzler legt dem Bundesrathe
einen Gesetzentwurf betreffend die Entschädigung der Inhaber verkäuf-
licher Stellen des Justizdienstes in Elsaß und Lothringen vor. Die
zu gewährende Entschädigung beträgt 20 Millionen Francs, wofür
4prozentige Obligationen von der Landeskasse ausgegeben werden. Die
Entschädigung soll zu R8 des von der Commission abgeschätzten
Werthes selbst denen gewährt werden, welche im Disciplinarwege ent-
setzt werden oder ihr Amt freiwillig niederlegen.
„ (Deutsches Reich.) Der deutsche Botschafter in Paris Graf
Arnim und der französische Finanzminister Pouyer Quertier unterzeichnen
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