92 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder.
7. März. (Deutsches Reich.) Eine kais. Cabinetsordre befiehlt die Grün-
dung einer Marine-Akademie in Kiel.
„ (Deutsches Reich.) Die Cidilproceßcommission schließt ihre
am 7. Sept. v. J. begonnene Berathung. Der aus derselben her-
vorgegangene Entwurf, wie er in dritter Lesung festgestellt worden ist,
wird dem Reichskanzler am folgenden Tage überreicht.
„ „ (Bayern.) II. Kammer: bringt erst nach dreitägiger Debatte
den Justizetat zu Ende, indem dabei das Princip der Gehaltsver-
besserung der Beamten überhaupt entschieden werden mußte.
„ „ (Coburg-Gotha.) Die Versuche zu Ermöglichung einer Union
beider Landestheile sind abermals gescheitert.
Vom gemeinschaftlichen Landtage war die Verfassungskommission beauftragt
worden, mit der Regierung Behufs endlicher Erledigung der Vereinigungs-
frage in Unterhandlung zu treten, und die Kommission hatte darauf nach
mehreren erfolglosen Besprechungen mit den Regierungskommissarien zur Ge-
währ einer finanziellen Garantie für die Herzogthümer einen die Regelung
der Domänenverhältnisse bezweckenden Vorschlag gemacht. Danach sollte eine
Revision des Domänenabkommens in der Weise eintreten, daß ein ähnliches
Verhältniß wie in Meiningen hergestellt, also für den Fall, daß das herzog-
liche Haus zu regieren aufhörte, dem Lande eine Quote des Domänenver=
mögens als Provinzialfonds zugewiesen würde. Die Regierung hat aber,
nachdem sie von diesem Vorschlag Kenntniß erhalten, die definitive Erklärung
abgegeben, daß sie nicht in der Lage sei, auf Grund desselben in Unterhand-
lung zu treten.
„ (Elsaß-Lothringen.) Entschließung des Oberpräsidenten über
das den Einwohnern nach dem Frieden mit Frankreich zugesicherte
Recht zur Option der Nationalität. Dieselbe läßt in Bezug auf Klar-
heit nichts zu wünschen übrig. Die hauptsächlichsten Bestimmungen
lauten:
I. Alle dispositionsfähigen Angehörigen Elsaß-Lothringens, welche früher
französische Staatsangehörige waren, und welche entweder 1) in Elsaß-Lothringen
geboren sind, und am 2. März 1871 daselbst ihren Wohnsitz hatten, oder
2) zwar nicht in Elsaß-Lothringen geboren sind, aber daselbst am 2. März
1871 ihren Wohnsitz hatten, 3) zwar nicht in Elsaß-Lothringen am 2. März
1871 ihren Wohnsitz hatten, aber daselbst geboren find, können in der vor-
geschriebenen Weise (II. und III.) und in den festgesetzten Fristen (IV.) sich
für die französische Nationalität entscheiden. Wer von diesem Rechte Gebrauch
macht, dem ist die Aufnahme in Frankreich ohne neuen Erwerb der franzö-
sischen Nationalität und die Freiheit des Abzuges aus Deutschland ohne Rück-
sicht auf die Militärpflicht gesichert. II. Das Optionsrecht wird in folgender
Weise ausgelbt: 1) Die zur Classe 1 1 gehörigen Personen müssen ihren
Wohnsitz nach Frankreich verlegen, und eine ausdrückliche Erklärung abgeben,
daß sie ihre inzwischen suspendirte französische Nationalität beibehalten wollen:
2) die zur Classe 2 I gehörigen Personen müssen ihren Wohnsitz nach Frank-
reich verlegen, dagegen bedarf es bei ihnen der oben gedachten ausdrücklichen
Erklärung nicht; 3) die zur Classe 3 I gehörigen Personen mülssen die vor-
gedachte ausdrückliche Erklärung abgeben, dagegen bedarf es bei ihnen der
Verlegung ihres Wohnsitzes nach Frankreich nicht, es sei denn, daß sie seit
dem 2. März 1871 und vor Ablauf der Optionsfristen ihren Wohnsitz in
Elsaß-Lothringen genommen haben. III. Die ausdrückliche Erklärung für die
französische Nationalität, soweit dieselbe nach II erforderlich ist, erfolgt: