Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 9 -- 10.) 75
9. März. (Bayern.) II. Kammer: Die Regierung verlangt
von derselben einen außerordentlichen Militärcredit im Betrage von
3,827,000 fl. Aus den dem Gesetzesentwurfe beigegebenen Motiven
ist zu ersehen, daß über die französische Kriegsentschädigung bis auf
den Betrag von 1,730,000 fl. bereits verfügt ist.
9. März. (Mecklenburg.) Landtag: Die Regierung fordert
die Ritterschaft durch ein Rescript mehr als dringend auf, die Hand
zu einer Verständigung über die Verfassungsrevision zu bieten, unter
ernstem Hinweis auf die Verantwortlichkeit eines nochmaligen Schei-
terns derselben.
10. März. (Preußen.) Abg.-Haus: beschließt, den Antrag
Petri betr. Erlaß eines Gesetzes über die Rechte der Altkatholiken
an eine Commission zu weisen, nachdem der Cultusminister erklärt
hat, daß etwaige Bedenken am besten in einer solchen geklärt werden
würden und daß die Staatsregierung auf einen Landtagsbeschluß,
der auf dem Petri'schen Antrag basire, ihrerseits eingehen würde.
10. März. (Preußen.) Der Erzbischof von Köln richtet einen
Protest gegen den Gesetzesentwurf betr. die Vermögensverwaltung in
den katholischen Kirchengemeinden an das Abg.-Haus, in dem er
und zwar sowohl in seinem eigenen, als im Namen der übrigen ka-
tholischen Bischöfe Preußens erklärt:
„Hinsichtlich der Vermögensverwaltung wird die Selbstständigleit der
Kirche durch die Bestimmung des Gesetzentwurfes völlig aufgehoben, indem
dadurch jede freie Bewegung der rechtmäßigen Vertreter der Kirche unmög-
lich, dieselben theils von der Gemeindevertretung, theils von den Staatsbe-
hörden abhängig gemacht und überdieß an ihre Stelle für die Verwaltung
des Kirchenvermögens ganz neue Organe in's Leben gerufen werden, welche
nach den Grundsäßen des katholischen Kirchenrechts als rechtmäßige nicht an-
gesehen werden können. Der vorliegende Gesetzentwurf schließt gewissermaßen
eine allgemeine Säcularisation des betreffenden kirchlichen Vermögens in sich,
indem er es als Eigenthum der bezüglichen Kirchengemeinden darstellt und
behandelt, während es nach den unzweifelhaftesten Grundsätzen des gemeinen
und canonischen Rechts, womit auch die richtig verstandene Auffassung des
allgemeinen preußischen Landrechts sowohl als des französischen Rechts über-
einstimmt, nicht den betreffenden Kirchengemeinden, sondern den Kirchen selbst
zusteht. Ueberhaupt werden durch das im Entwurfe Vorliegende in mehr-
facher Beziehung wesentliche und unveräußerliche Rechte der katholischen Kirche
verletzt, so daß zur Erlassung eines solchen Gesetzes vom Standpunkte des
Rechtes den Faktoren der staallichen Gesetzgebung die Competenz niemals zu-
erkannt zu werden vermag.“
10. März. (Mecklenburg.) Landtag: Ritterschaft und Land-
schaft können sich über irgendwelche Schritte in Folge des Rescripts
der Regierung vom 6. d. M. nicht einigen. Die Verfassungsrevision
ist neuerdings gescheitert.