Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebzehnter Jahrgang. 1876. (17)

                                   Allgemeine Chronik.                            13 
7. Mai. (Schweiz.] Die altkath, Synode der Schweiz hebt den Cölibats- 
zwang mit großer Mehrheit auf und wählt den Professor Herzog 
zum altkath. Bischof. 
 [Schweiz: St. Galllen .] Bei den allg. Erneuerungswahlen des Gr. 
Rathes siegen die Liberalen: das Resultat ergibt 98 Liberale gegen 
63 Ultramontane. 
„ (Pforte: Aegpten. Ein Decret des Khedive verschmelzt die Staats- 
schuld, seine Privatschuld und die schwebende Schuld in eine einzige 
Schuldenmasse, die fortan (statt 12—25 % die er bezahlen mußte, 
nur) 7 % Zinsen ertragen und in 65 Jahren amortisirt werden soll. 
8.„  [ Pforte.] Deutschland und Frankreich verlangen für den Consul-- 
mord in Salonichi eine strenge Untersuchung und eclatante Genug- 
thun 
9.  [ Deutschland= Preußen.] Abg.-Haus: genehmigt den ihm vor- 
gelegten Ges.-Entw. zur Synodalordnung für die 8 alten Provinzen 
mit 211 gegen 141 Fortschrittspartei und Ultramontane) Stimmen. 
[ Schweiz: Tessin.] Conflict zwischen dem (liberalen) Staatsrath und 
dem (ultram.) Gr. Rathe: der erstere weigert sich, die Beschlüsse des 
letzteren v. 6. ds. Mts. auszuführen und recurrirt dagegen an bie 
Bundesversammlung. 
 [Pforte: Rumönien.] Der Fürst entläßt in Folge der Opposition 
des Senates sein bisheriges conservatives Ministerium und bildet ein 
gemischtes, in dem auch der Führer der radicalen Partei, Joan Bra- 
tianu, als Finanzminister wieder seine Stelle findet. 
10. . (Deutsches Reich.] Der bisherige hessische Ministerpräsident v. Hof- 
mann wird vom Kaiser zum Präsidenten des Reichskanzleramtes an 
die Stelle Delbrücks ernannt. 
(Deutschland: Elsaß. Lothringen.] Der Reichskanzler läßt dem Bun- 
desrath einen Ges.-Entw. zugehen, nach welchem Landesgesetze für El- 
saß Lothringen mit Zustimmung des Bundesraths ohne Mitwirkung 
des Reichstags vom Kaiser erlassen werden können, wenn der Landes- 
ausschuß demselben zugestimmt hat. 
„- u. 14., (Oesterreich-Ungarn.] Andrassy erklärt sich in beiden 
Telegationen bez. der orientalischen Frage für Aufrechthaltung des 
Friedens und für Reformen in den christl lichen Provinzen der Türkei, 
was er als status quo amoeliorc bezeichnet. 
[  Pforte.] Der Consulnmord in Salonichi und der Ausbruch des 
Aufstandes in Bulgarien bringen endlich die allgemeine Unzufrieden- 
heit in Konstantinopel über die heillose Wirthschaft des Sultans 
Abdul Aziz zum Ausbruch. Eine Demonstration von 20—25,000 
Softas (Studenten) erzwingt. den Sturz des Großveziers Mahmud 
Pascha und des bisherigen Scheich ul Islam. 
„ „ (Pforte: Bulgarien.] Beginn der militärischen Operationen gegen 
die ausgebrochene Insurreclion, die mit öberlegener Truppenmacht 
schnell und um jeden Preis unterdrückt werden soll 
. (Verein. Staaten.] Feierlich- Eröffnung der Welt- Industrieaus- 
stellung in Philadelphia 
11.—13. „ (Rußland, Oest erreich, Deutschland.] Da die Note Andrassy 
zu einer Pacification der insurgirten türkischen Provinzen nicht ge- 
führt, die Infurrection sich vielmehr nun auch auf Bulgarien aus- 
gedehnt hat, so benützen die drei Kaisermächte die Durchreise des russ. 
Kaisers durch Berlin, um sich durch ihre Kanzler Gortschaloff,  An- 
drassy und Bismarck über einen weiteren Schritt bezüglich der Türkel 
zu berathen. Statt Andrassy tritt nunmehr Gortschaloff,  mehr in den
	        
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