Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebzehnter Jahrgang. 1876. (17)

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mocht, das Verhältniß zwischen Unseren Reichen zu einem noch näheren und 
innigeren zu gestalten. Ich hege die zuversichtliche Erwartung, daß es die- 
sem Berhäkdnff, sowie den vereinten Bemühungen der anderen europäischen 
Großstaaten, zu denen wir gleichfalls in freundschaftlichen Beziehungen ste- 
hen, gelingen werde, durch ein aufrichtiges Zusammenwirken die Segnungen 
des europäischen Friedens zu erhalten. Auch hoffe Ich, daß die Bestrebun- 
en der Mächte, die Pforte in den Aufgaben der danernden Paeification 
ihrer insurgirten Provinzen zu unterstützen, nicht erfolglos bleiben werden. 
Sie werden in den Vorlagen, welche Ihnen als das Ergedniß der Berathung 
Meiner Regierungen zugehen werden, das Bestreben erkennen, alle Anforde: 
rungen ausgzuschließen, welche nicht durch die Rücksicht auf die Wehrkraft 
der Monarchie geboten erscheinen. Indem Ich dem bewährten Eifer und 
der patriotischin Hingebung, mit welcher Sie sich Ihrer verfassungsmäßigen 
Thätigkeit unterziehen werden, vertrauensvoll entgegegensehe, heiße Ich #e 
auf das herzlichste willkommen.“ 
20.—24. Mai. Delegationen: Andrassy antwertet in beiden 
Delegationen auf geschehene Interpellationen bez. der Lage der 
orientalischen Frage. Seine Antwort geht im Wesentlichen dahin, 
daß Oesterreich mit allen Kräften bemüht sei, den Frieden zu er- 
halten und daß es zu diesem Ende hin für Reformen in den christ- 
lichen Provinzen der Türkei thätig sei, indem er seinen Zielpunkt 
bezüglich der Türkei als „status duc amcliore“ bezeichnet: 
Kuranda habe ihm zugemuthet, hier ein Programm zu entwickeln: 
„Ich sage nur kurz, daß ich mir einen Minister mit einem fixen Programm 
gegenüber stündlich wechselnden und unberechenbaren Ereignissen absolut 
nicht denken kann. Dr. Kuranda hat mich an Traditionen Oesterreichs an- 
gewiesen, die ich nur zu befolgen hätte, um darauf mit voller Beruhigung 
das Programm des Ministeriums basiren zu können. Ich scheue a nicht, 
es hier ganz öffentlich auszusprechen: Solche Traditionen kenne ich nicht. 
Traditionen, die in jeder Lage bei veränderten Ereignissen demselben Ziele 
entsprechen, kenne ich überhaupt nicht; aber ich kenne auch die Traditionen 
nicht, die den Beweis geliefert hällen, daß es nur nothwendig sei, an ihnen 
festzuhalten, um die wirklichen Interessen Oesterreich-Ungarns mit Erfolg zu 
wahren. Daher kann ich nicht das Versprechen abgeben, mich an Traditio- 
nen zu halten, die ich nicht aufzufinden vermag. Hr. Dr. Kuranda hat 
gesagt, es schwebe eine gewisse Unklarheit über demjenigen, was das Mini- 
sierium will und unkrenl. Nun, was die Unklarheit anbelangt, so muß ich 
bemerken, daß über die Ziele keine solche bestehen kann. Die Ziele des Mi- 
nisteriums des Auswärtigen habe ich die Ehre gehabt schon im Vorjahre 
und auch heuer auszusprechen. Ich wiederhole sie, so kurz und lapidarisch 
als möglich. Es find diese Ziele: die Erhaltung des allgemeinen europäi- 
schen Friedens, die Vermeidung weiterer Verwicklungen durch Theilnahme 
der Nachbarstaaten oder Ausdehnung der Insurrection im türkischen Reiche, 
und drittens — und ich muß es betonen, daß ich dieß mit für eine Mis- 
sion des österreichisch-ungarischen Staates halte — die un verbefser- 
ter Zustände, die das periodische Wiederkehren gleicher Gefahren, die in ih- 
ren Consequenzen auch die Monarchie bedrohen könnten, hintanzuhalten ge- 
eignet find. Das find die drei Zielpunkte der Politik der gegenwärtigen 
Regierung, und ich habe auch aus der heutigen Discussion die Ueberzeugung 
geschöpft, daß wir über diese Zielpunkte eine Einigkeit zwischen dem Minister des 
Aeußern und der hohen Delegation constatiren können, die ich mit Dank 
 
	        
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