276 Spanien. (April 23. — Mai 1.)
Verfassungsentwurf. Der Bericht des Ausschusses Über denselben
ist sehr unbedeutend.
Er hat an dem Project nur wenig bemängelt, oder, richtiger gesagt,
er hat sich auf einige unbedeutende redactionelle Aenderungen beschränkt, die
den Sinn nicht verändern. Nur der Senat hat die Aufmerksamkeit der
Commission in höherem Grade auf sich gelenkt. Diese hohe Körperschaft
macht nicht genug von sich reden, und daraus könnte leicht der Schluß ge-
zogen werden, daß sie im Grunde genommen überflüssig sei. Es war deß-
halb geboten, dieselbe zu vermehren, und da man nun in Spanien bei der-
artigen Reformen nicht gern auf halbem Wege stehen bleibt, besonders wenn
sie der jeweiligen Regierung gelegen kommen, so beschloß man gleich 100
neue Senatoren zu beschaffen; 50 plen # gewäßlt und die andere Hälfte von
der Krone ernannt werden. Der hat sich keinerlei Veränderung zu
erfreuen gehabt.
23. April. Cortes: der Finanzminister Salaverria gibt den-
selben eine Darlegung der Finanzlage und unterbreitet denselben
Vorschläge bezüglich der Staatsschuld, die in Wahrheit geradezu
den Staatsbankerott conslatiren.
Der spanische Staatsbankerott tritt legar äußerlich in einer rücksichts-
loseren Form auf als irgend eine andere ähnliche Maßregel eines europäi-
schen Staates in den lehten Jahrzehnten und selbst die jüngste Zahlungs-
unfähigkeit der Türkei. Die Türkei gab wenigstens die besten Versprechun-
Een für die Zukunft und wollte bei passender Gelegenheit Alles nachholen,
panien aber geht viel radicaler zu Werke. Der Neunwerth der Renten-
titel wird nicht verkürzt, aber die Gläubiger erhalten erst vom 1. Januar
1877 ab wieder ein Drittel der Zinsen, vom 1. Juli 1889 an die Hälfte
und treten erst dann wieder in ihren vollen Zinsengenuß, wenn durch die
vom 1. Januar 1879 an zur Schuldentilgung jährlich zu verwendenden
25 Millionen Pesetas die Höhe der Staatsschulden so weit vermindert ist,
daß 180 Mill. Pesetas jährlich zur vollständigen Verzinsung ausreichen.
1. Mai. Beginn der Conferengen zwischen der Regierung
und Delegirten der baskischen Provinzen bez. Aufhebung resp. Be-
schränkung der Fueros. Die Regierung stellt denselben für Abgabe
einer bestimmten Erklärung einen Termin bis zum 7. Mai.
Die Frage ist allerdings eine doppelt schwierige. Auch die liberalen
Elemente dieser Länder, welche während des Bürgerkrieges so fest und treu
zur Regierung gestanden haben, sün gant in dem Punkte mit den ehemali-
gen Anhängern des Don Carlos daß sie die Madrider Mißwirthschaft
von den fleißigen und verhältnihmaßz blühenden Provinzen des Nordens
fernhalten möchten. Andererseits ist es eine nur allzu gerechte Forderung
des ganzen übrigen liberalen Spaniens, daß die Früchte eines Sieges, der
so ungeheuere Opfer an Geld und Menschenleben forderte, nicht durch die
Beidehaltung all jener Sonderrechte verkümmert werden dürfen, ohne welche
jener Krieg kaum möglich gewesen wäre. Wurde doch auch die Herrschaft
der Clans in den schottischen Hochlanden durch die Revolution von 1745,
die l Irlands durch den Aufstand von 1798 hinweggeschwemmt.
Unter der Herrschaft der Fueros wählen die Basken ihre Gemeindevorstände
(Ayuntamientos) selbst, aus diesen gehen die Provinzial= oder Landesvertre-
tungen (Juntes) hervor, welche alle zwei Jahre in Biscaya, jährlich in