Allgemeine Chronik. 23
zügen, nachher ganz offen als solche, zuerst auf dem Wege durch
Oesterreich, dann über Rumänien. Die russische Regierung läßt sie
vollständig gewähren, angeblich weil es an gesetzlichen Bestimmungen
fehle, um derartige Zuzüge zu hindern. Die russischen Slaveneomite`s
werden nachgerade zu offenen Werbebureaux für die serbische Armee.
31. Aug. [Pforte.] Sultan Murad wird vom Scheich ul Islam des Thrones
entsetzt. Sein Bruder Abdul Hamid wird als Sultan anerkannt.
1. Sept. [Frankreich.] Der neue Festungsgürtel um Paris kann als
nahezu vollendet betrachtet werden.
„ [ Porte: Serbien.] Eine Conferenz der Botschafter in Konstan-
tinopel beschließt, von der Pforte eine Einstellung der Feindseligkeiten
gegen Serbien energisch zu verlangen. Diese will sich jedoch ohne
Friedenspräliminarien noch immer nichl dazu verstehen.
„ [ Pforte: Serbien — Montenegro.] Neue Schlacht bei Alexinatz,
Es gelingt Kerim Pascha wiederum nicht, sich Alerinatz's zu be- mächtigen.
— Mukhtar Pascha hat sich von seiner Niederlage erholt und
rückt wieder in das montenegrinische Gebiet ein, ohne indeß große
Fortschritte zu machen.
4. . [Serbien.] Die Serben, von den Türken geschlagen, müssen sich
auf Alexinatz und Deligrad zurückziehen. Die Mächte treten in Kon-
stantinopel in's Mittel und unterhandeln mit der Pforte über einen
Wassenstillstand. Diese lehnt einen solchen von bloß 4 Wochen ab
und will sich zu einem solchen nur gleicheitig mil Friedensprälimi-
narien verstehen. Rußland erklärt diese Bedingungen für ganz und
gar unannehnber und undiscutirba.
10. [ Pforte.] Der neue Sultan Abdul. Hamid erläßt seinen ersten
Hat, in dem er sich entschieden für durchgreifende Reformen ausspricht.
12 [Spanien.] Die Verfolgung der Protestanten auf Menorca geht
ungestört fort. Der Ministerpräsident Conovas erläßt darüber eine der Prostanten erläßt darüber eine
Circulardepesche, „um die auswärtige Presse aufzuklären.“ Inzwischen
ist es außer Zweifel, daß der Arlikel 11 der neuen Verfassung keinen
andern Zweck hatte, als der öffentlichen Meinung des Auslandes
Sand in die Augen zu streuen.
„ [Rußland.] Ein Ukas des Kaisers hebt die „Zeigene Kanzlei Sr.
Majestät für die Angelegenheiten des Czarlhum Polen,“ die vor 10
Jahren an die Stelle des damaligen „Staatssecretariats des Czar-
thums Polen“ getreten war, auf. Die Existenz des Czarthums Polen
ist somit zu Ende und dasselbe ist vollständig zur „Weichselprovinz“
des russischen Reichs geworden.
13. [ Italien.] Der Minister des Innern erläßt ein Rundschreiben
an die Präfekten gegen das wieder auflebende und überhand nehmende
Klosterwesen.
14. (Pforte: Serbien.] Die Pforte theilt den Mächten officiell ihre
Friedensbedingungen mit Serbien mit. Der serbische Ministerrath
lehnt sie seinerseits einstimmig ab.
15. [Deutschland: Preußen.] Die preußischen Bischöfe protestiren gegen
das neue Gesetz betr. die staatlichen Aussichtsrechte über das Vermögen
katholischer Diöcesen, erklären aber sich demselben doch fügen zu
wollen, um größere Uebel zu vermeiden.
. [ Serbien ] Fürst Milan von Serbien wird auf Betreiben des
russischen Obergenerals Tschernajeff von der serbischen Armee zum
König von Serbien ausgerufen . Milan nimmt weder an, noch lehnt
er ab. Rußland sieht die Demonstration ungern, Oesterreich erklärt,
den Titel niemals anzuerkennen.