Sie Schweit (Juni 10—22.) 413
10. Juni. Nationalrath: Berathung des vom Bundesrath
vorgelegten Entwurfs eines eidgenössischen Fabrikgesetzes: Frage der
Bestimmung eines Normalarbeitstages. Es wird ein solcher von
11 resp. 10 Stunden beschlossen.
Der beschlossene Artikel laulet wörtlich: „Arl. 11. Die Dauer der
regelmäßigen Arbeit eines Tages darf in Anstallen mit geschlossenen Räumen
nicht mehr als eilf Stunden, an den Vorabenden vor Sonn= und Festlagen
nicht mehr als zehn Stunden betragen und muß in die Zeit zwischen 6 Uhr
Morgens und 8 Uhr Abends verlegt werden. Bei gesundheitsschädlichen und
auch bei ondern Gewerben, bei denen durch bestehende Einrichtungen oder
vorkommendes Versahren Gesundheit und Leben der Arbeiter durch eine täg-
liche ilsstündige Arbeitszeit gefährdet sind, wird der Bundesrath dieselbe
nach Bedürfniß reduciren, immerhin nur bis die Beseitigung der vorhan.
denen Gesundheitsgefährde nachgewiesen ist. Zu einer ausnahmsweisen Ver-
längerung der Arbeitszeit, welche von einzelnen Fabriken verlangt wird, ist,
sofern das Verlangen die Zeitdauer einer Woche nicht übersteigt, von den
zuständigen Bezirksbehörden, sonst aber von der Cantonsregierung die Be-
willigung einzuholen. Für das Mittagessen ist um die Mitte der Arbeits-
zeit wenigslens eine Stunde frei zu geben. Arbeitern, welche ihr Mittags-
mahl mitbringen, oder dasselbe sich bringen lassen, sollen auherhalb der ge-
wohnten Arbeitsräume angemessene, im Winter geheizte Localitäten unenl-
geltlich zur Verfügung gestellt werden. Die Arbeitsslunden sind nach der
Iflentliahn Uhr zu richten und der Ortsbehörde anzuzeigen.“
11. Juni. (Genf.) Der Staatsrath faßt in Folge arger
Auphetzungen katholischer Landgemeinden durch fremde römische Geist-
liche den Beschluß, daß fremde katholische Geistliche, welche kein Do-
micil im Canton haben und in diesem predigen oder gottesdienstliche
Verrichtungen ausüben wollen, bis zum 1. Januar 1877 einer vor-
hergehenden Bewilligung des Staatsraths bedürfen.
17. Juni. (Tessin.) Der Bundesrath beschließt, den Staats-
rath von Tessin einzuladen, von seinem Widerstand gegen den Be-
schluß des Großen Raths vom 6. Mai zu verzichten und die Volks-
abstimmung vornehmen zu lassen. Der Große Rath setzt darauf
gestützt diese neuerdings auf den 19. November an.
21. Juni. (Genf.) Die Polizei läßt gegen den Protest der
römisch--katholischen Geistlichen die Kirche und das Pfarrhaus von
Bernex durch einen Schlosser öffnen, um sie dem jüngst von der Ge-
meinde gewählten christlich-katholischen Kirchenrath zu übergeben.
Die Bevölkerung bleibt dabei ganz ruhig.
22. Juni. (Freiburg.) In Murten wird die 400jährige
Erinnerungsfeier an die Schlacht gegen Karl den Kühnen durch Zu-
sammenwirken der ganzen Schweiz auf's glanzvollste begangen. Den
Mittelpunkt des Festes bildet ein großartiger historischer Festzug.