Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebzehnter Jahrgang. 1876. (17)

Die eilemassische Vlerle. (Febr. 6 11.) 475 
dem die Verzweiflung Entschlofsenheit verlieh, unter den Volksvertretern und 
setzte einen kleinen friedlichen Staatsstreich in Scene. Er schilderte der 
Skupschtina seine schwierige Lage, forderte sie auf, ihm beizustehen und sand 
williges Gehör. Ristic verschwand vom Schauplatze, am #. October ward 
das Lua#csreirnn Kaljewich gebildet, wiechts sich noch heute im Amie be- 
findet, und Milan konnte in Ruhe Hochzeil halten Um die Flitterwochen 
ungestört zu genießen, schickte er am 29. Ockober die Abgeordneten für vier 
Wochen nach Hause. Im folgenden Monat wurden allmälig die an der 
Grenze stehenden Truppen zurückgezogen, und die Gesahr eines Zusammen- 
stoßes mit der Türkei konnte. Dank der fortdauernden energischen Einwirkung 
der fremden Mächte, für beseitigt gelten. Als die Skupschtina am 30. No- 
vember wieder zusammentral, schien sie bedentend abgekühlt und wendete ihre 
Aufmerksamkeit zuerst finanziellen Fragen zu. Aber bald brach auch ouf 
diesem Gebiet der Kampf mit der gemäßigten Regierung Kaljevic aus und 
die Anschauung ist allgemein, daß dieselbe sich nicht mehr allzulange werde 
halten können und schließlich doch wieder einem Actionsministerium Ristic 
werde weichen müssen. 
6. Februak. Die Pforte theilt ihren Vertretern bei den sechs 
Mächten und den sechs Botschaftern und Gesandten derselben in 
Constantinopel ihre Entscheidung über die Note Andrassy's in fol- 
gender Fassung mit: „In Folge von Besprechungen, welche zwischen 
der hohen Pforte und den Botschaftern der drei Nordmächte bezüglich 
der Beschwichtigung des Ausstandes in der Herzegowina stattgefun- 
den, hat die Regierung beschlossen, den infurgirten Districten die in 
den fünf Puncten der Note Andrassy's erwähnten Reformen zu ge- 
währen.“ 
7. Februgr. (Serbien.) Der englische Consul White in 
Belgrad meldet seiner Regierung, daß Serbien unzweifelhaft sich für 
das Frühjahr zum Kriege vorbereite und der englische Botschafter 
in Constantinopel, Sir Elliot, berichtet ihr, daß Fürst Milan offen 
erklärt habe, er würde der Türkei den Krieg erklären, wenn Monte- 
negro eine Gebietserweiterung zugestanden werde. Es tritt also 
schon jetzt die Eifersucht zwischen Serbien und Montenegro an den Tag. 
Milan betrachte es übrigens auch als casus belli, wenn Oesterreich 
in Bosnien einrücke oder die aufständischen Provinzen unter einen 
christlichen Gouverneur gestellt oder autonom würden. Er perhorres- 
cire also jeden Ausweg, der nicht auf eine Vergrößerung Serbiens 
hinausliefe. 
7. Februar. (Rumänien.) II. Kammer: nimmt die von 
der Regierung selbst auf 4 Millionen ermäßigte Vorlage für Kriegs- 
bereitschaft an. Der Kriegsminister gibt wiederholt die Versicherung 
der friedfertigsten Politik und strengsten Neutralität. 
11. Februar. (Rumänien.) Senat: ertheilt dem Unter- 
richtsminister ein Tadelvotum. Das ganze Cabinet gibt seine Ent-
	        
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