80 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Febr. 20.)
wähnung noch nicht genügend beglaubigt, unerwähnt gelassen hatte. Material
zu Angriffen auf liberale Parteiführer ist dagegen in diesen Berichten nicht
enthalten. Dem Bericht sind gutachtliche Beantwortungen von zahlreichen
Sachverständigen auf Fragen über das Eisenbahnconcessionswesen beigefügt.
Die Kommission, zu der auch Herr Achenbach gehörte, hat endlich eine Reihe
von Vorschlägen zur Abänderung der Gesetzgebung gemacht. — Der voll-
ständige Druck dieses voluminösen Actenstückes vergögerte sich bis nahezu in
den Februar 1874, wo die Verhandlungen des Abgeordnetenhauses durch den
Reichstag unterbrochen wurden. Dort zog das Militärgesetz die gesammte
öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. Nach Schluß der Reichstagssession er-
übrigte für den Landtag noch die kurze Zeit vom 27. April bis 21. Mai
1874. In dieser Zeit kam mit der Vorlage über die Zinsgarantie für die
Nordbahn auch der Bericht implicite theilweise zur Verhandlung sowohl im
Abgeordnetenhause wie im Herrenhause. Der Abg. Lasker wurde, wie im
Herrenhause von Seiten des Fürsten Putbus, auch sonst Gegenstand von
Angriffen. Zuerst hatte man ihm vorgeworfen, daß er durch seine Angriffe
auf die Gründer den im Mai 1873 erfolgenden großen „Krach“ verschuldet
habe; dann begann man in dem Ton, den Kardorff angeschlagen, ihm Scan-
dalsucht vorzuwerfen. Letzere Angriffe würden einen Schein von Berechti-
zung erhalten haben, wenn gerade er nun auch noch den so viel adelige
Namen illustrirenden Bericht der Untersuchungscommission zu einer beson-
deren Besprechung vorgeschlagen hälte, zumal Lasker, als zur Untersuchungs-
commission gehörig, nicht als unbefangen in der Beurtheilung der Wirksam-
keit der Commission angesehen werden konnte. Den damals von liberaler
Seite an andere Abgeordnete, insbesondere an den Abg. Richter (Hagen)
Privatim gerichteten Aufforderungen, eine förmliche umfassende erhandlung
über den Bericht einzuleiten, wurde die Kürze der Zeit, das Gedränge der
parlamentarischen Arbeiten und die Unmöglichkeit, sich inzwischen mit dem
Inhalt des voluminösen Berichts vertraut zu machen, entgegengehalten. Die
Initiative in dieser Richtung stand übrigens damals gleichmäßig jeder Partei
und jedem Abgeordneten frei; dieselben Gründe haben aber vermutlich auch
auf allen andern Seiten von Verhandlungen abgehalten. Im Herrenhause
zeigte sich nicht die geringste Neigung, auf den Bericht einzugehen. Auch
die Presse hat von dem umfangreichen schätzbaren Material, welches im Be-
richt niedergelegt ist, damals so wenig wie später einen nennenswerthen Ge-
brauch gemacht. — In der Session 1874/75 kam man im Abgeordnetenhause
auf den Inhalt des Berichts bei den Eisenbahnvorlagen über die Nordbahn,
über die Münster-Enscheder und über die pommer'sche Centralbahn zu sprechen.
Eine Verhandlung über den Bericht an sich wurde von keiner Seite ange-
regt, schien auch, nachdem Lasker bei - der Session erkrankt war, nicht
recht passend. In letzter Zeit aber hat die Sandalpresse das Verhältniß so
dargestellt, als ob die liberalen Parteien absichtlich den Bericht vertuschen
oder eine Gelegenheit zu Angriffen auf liberale Gründer vermeiden wollten.
20. Februar. (Preußen.) In dem gegen den Bischof von
Münster schon seit dem Juni 1875 vor dem kgl. Gerichtshof für
kirchliche Angelegenheiten schwebenden Absetzungsverfahren wird erst
jetzt die Vorladung zur mündlichen Verhandlung dem Bischof ord-
nungsgemäß insinuirt, indem die Schriftstücke an der Thüre der
bischöflichen Wohnung angenagelt werden, da der Bischof schon seit
längerer Zeit seinen Bischofssitz verlassen und in's Ausland ge-
gangen ist.