Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

128 Dos deulsche Reich und feine einzelnen Glieder. (August 7—13.) 
unter dem Vorsitze des Neichskangleramtspräsidenien v. Hofmann zu 
einer Conferenz zusammen. Dieselben sprechen sich, wie es scheint 
einstimmig, für Erhöhung der indirekten Stenern seitens des Reiches 
aus, um dadurch die auf den Finanzen aller Einzelstaaten schwer 
lastenden Matrikularbeiträge befeitigen zu können. Die Einführung 
des Tabakmonopols soll indeß vorerst eine offene Frage sein. 
7. August. (Elsaß-Lothringen.) Landesausschuß: spricht 
sich mit 26 gegen 2 Stimmen für Einführung des Tabakmonopols 
im Reiche aus. 
Eine unabhängige Tabakindustrie besieht eben im Elsaß (wie in ganz 
Frankauich längst nicht mehr, die Consumenten aber haben sich an die Regie 
gewöhnl. In Deutschland würden die Consumenten beim Monopol wohl 
auch nicht schlechter slehen als bei einer starken Erhöhung der Tabaksteuer, 
aber um dem Monopol Platz zu machen, müßte eine blühende Industrie 
geradezu- vernichtet werden, und diese wehrt sich dagegen mil Hand und 
Fuß. Das ist für Deutschland der Kern der Frage. 
13. Angust. (Deutsches Reich.) Bundesrath: die preußische 
Regierung legt demselben einen neuen Entwurf eines Sozialdemo- 
kraten -Gesetzes vor. Nach demselben soll als Nekursinstanz ein 
eigenes neues „Neichsamt für Vereinswesen und Presse“ errichtet 
werden. Die betreffenden §s des Entwurfs lauten: 
§ 1. Bereine, welche sozialdemokratischen, sozialistischen oder rom- 
munistischen, auf Untergrabung der bestehenden Staats= oder „Gesellschafts- 
ordnung gerichteten Bestrebungen dienen, sind zu verbieten. Den Vereinen 
gleich stehen Verbindungen jeder Art, insbesondere genossenschaftliche Kassen. 
82 Zuständig jür das Verbot sind die Centralbehörden der Bundes sslaaten. 
Das Verbot ist durch den Reichsanzeiger bekaunt zu machen. Dasselbe ist 
für das ganze Bundesgebiet wirksam und umfaßt alle Verzweigungen des 
Vereins sowie jeden vorgeblich neuen Berein, welcher sachlich als der alte 
sich darstellt. § 3. Auf Grund des Verbots sind die Vereinskassen sowie 
alle für Bereinszwecke bestimmte Gegenstände durch die Polizeibehörde in 
Beschlag zu nehmen. Nachdem das Verbot endgültig geworden, ist das in 
Beschlag genommene Geld sowie ber Erlös der in Beschlag genommenen 
Gegenstände der Armenkasse des Ortes der Beschlagnahme zu überweisen. 
Gegen die Anordnung der Poligeibehörde findet nur die Beschwerde an die 
Aufsichtsbehörde staltt. § 4. Gegen das Verbot steht dem Vereinsvorstande 
die Beschwerde an das Reichsamt für Vereinswesen und Presse offen. Das- 
selbe ist innerhalb einer Woche nach der Zustellung des Verbots bei der 
Centralbehörde anmbringen, welche dasselbe erlassen hat. Die Beschwerde 
hat leine ausschiebende Wirkung. § 5. Das Reichsamt für Vereinswesen 
und Presse hat seinen Sih in Berlin und besteht aus nenn Mitgliedern, 
welche aus der Zahl der im Reichs= oder im Staatsdienste angestellten Per- 
sonen zu berufen sind. Mindestens fünf Mitglieder müssen etatsmäßig an- 
gestellte Richter sein. § 6. Der Präsident, sein Stellvertreter sowie die 
übrigen Mitglieder des Neichsamts werden für die Zeit der Geltung dieses 
Gesetzes und für die Dauer des zur Zeit ihrer Ernennung von ihnen be- 
kleideten Reichs= oder Staatsamts vom Bundesrathe gewählt und vom Kaiser 
ernannt. § 7. Alle Behörden im Reich sind verpflichtet, auf Ersuchen des
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.