Vas deulsche Reich und seine einzeluen Glieder. (Oct. 1—2.) 147
antrag der Antrag auf Einsetzung einer Subcommission verbunden. Von
einer Seite wurde zugestanden, daß allerdings an sich die Ergänzung im
Wege der ordentlichen Gesezgebung die geeignetste Abhülse gewähren würde.
Da jedoch die Regierung einen solchen Standpunkt einer völligen Ablehnung
des * hleichhalte, so sei, wer eine solche Ablehnung nicht wolle, daher
genöthigt, den Versuch zu machen, auf der Basis des Negierungsentwuris ein
zulässiges Gesetz zu vereinbaren. Der Antrag wurde mit 13 gegen 8 Stim-
men abgelchn. Hierauf gaben mehrere Milglieder die Erklärung ab: daß
von ihnen der Grundgedanke des abgelehnten Antrags, nämlich Erlassung
eines Reichsgesetzes, welches von einer Erweiterung des Strafgesehes ausgeht
und die sich daran auschließende Vereins= und Preßfreiheit regelt, vorbehalt-
lich nicht unerheblicher Erinnerungen gegen die Einzelheiten des Vorschlags,
gebilligt werde, und sie bereit gewesen wären, in der Subcommission die dieß-
fälligen eigenen Anträge specialisirt einzubringen. Nach Ablehnung des Vor-
schlags erachteten sie es nicht weiter für angemessen, mit jolchen speciellen
Anträgen hervorzutreten.“ Auch die Verhandlungen, welche sich mit den
wichtigen Streitfragen in Betreff der Beschwerde-Instanz und der Gel-
tungsdauer des Geietzes beschäftigen, treten durch das Referat in ein
Helles Licht. Hr. v. Schwarze berichtet über diese Punkte: „Beim § 19
führte die Frage: in welcher Weise die Beschwerde-Instanz zu bilden und zu
organisiren sei, zu lebhaften Debatten und zu einer Anzahl von Vorschlägen.
Diese verschiedenen Vorschläge lassen sich nach folgenden maßgebenden Mo-
menten gruppiren: 1) Herbeiziehung des verwaltungerichterlichen Elements
nach Maßgabe der in den einzelnen Ländern Deutschlands bestehenden Ein-
richtungen. 2) Uebertragung der Entscheidung an den Reichskanzler, 3) Bil-
dung eines Bundesrathsausschusses nach dem Vorschlage des Entwurfs.
4) Bildung einer collegialen und selbständigen Behörde, a) Anlehnung der-
selben an ein bereits vorhandenes Neichsamt, so daß letzteres oder ein Theil
desselben mit der Entscheidung der hier fraglichen Beschwerden in der Rekurs-
instanz beauftragt wird, b) Bildung einer besonderen Commission, womil
namentlich noch die Besehung nach der Zahl der Mitglieder und deren Wahl
in Betracht zu ziehen war. Der Bericht befaßt sich in eingehender Weise
mit diesen Vorschlägen und gibt ausführlich die Discussionen wieder, ohne
jedoch neue Thatsachen gegen die bereits bekannten vorzuführen. Zur An-
nahme gelangte der Antrag, daß eine Commission von neun Mitgliedern ge-
bildet wird; der Bundesrath wählt vier derselben ans seiner Mitte, die
übrigen fünf aus der Zahl der Mitglieder der höchsten Gerichte des Reiches
oder der einzelnen Bundesstaaten; der Kaiser ernennt den Vorsitzenden und
deisen Stellvertreter aus der Zahl der Mitglieder. In der zweiten Lesung
wurde seitens der Regierungsvertreter erklärl, daß auf dem Boden des an-
genommenen Antrags eine Verständigung gelunden werden könne. Wesent-
liche Bedenken richteten sich nur gegen zwei Punlte, gegen die Bestimmung,
daß der Kaiser den Borsitzenden nicht nach freier Wahl und eigenem Er-
messen, sondern aus der Zahl der von dem Bundesrathe gewählten Mil-
glieder ernennen solle, sowie gegen den Ausschluß der Mitglieder der obersten
Verwaltungsgerichte. Ein Antrag, welcher diese beiden Bestimmungen in sich
aufnahm, wurde mit 13 gegen 7 Stimmen abgelehnt und der obige Beschluß
mit 11 gegen 9 Stimmen wiederholt. Schließlich sind noch folgende Er-
klärungen zu constatiren: a) die Beschwerde-Instanz ist befugt das Verbot
einer Druckschrift sofort, und ohne daß die Abfassung und Publication der
Entscheidung jelbst abzuwarten ist, mittelst einfacher Verfügung aufzuheben,
sobald die Instanz sich davon überzeugt hat, daß das Verbot nicht gerecht-
jertigt ist; b) es herrschte darüber E Einverständniß, daß die Aufrechterhaltung
des Verbots einer Druckschrift auch auf andere Stellen gestützt werden könne
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