Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neunzehnter Jahrgang. 1878. (19)

176 Dos deuische Reich und seine rinzeinen Glieder. (Nov. 5—6.) 
der Meistbegünstigungsclaufel, sondern um gleichzeitige Feststellung einiger 
Punkte, welche wichtige Interessen des belderieitigen Handels betreffen. 
Oesterreich-Ungarn würde die Aufrechthaltung des Appretur-Verkehrs zu- 
gestehen, dagegen die Gewährung der von Deutschland neuestens eingeschräul 
len Begünstigungen für den Grenwerkehr in Leinen fordern. Es wür 
ferner verlangen, daß Deutschland sich bezüglich einiger Arlikel, zumeist Neh- 
stoffe, binde, und ist bereit, ebenfalls bezüglich einiger Artikel auf die Freiheit 
der Bewegung zu versichten. Im Uebrigen würde man vorläufig auf Ab- 
schluß des förmlichen Tarifvertrags verzichten. Die österreichische Regierung 
bekont bei dieser Gelegenheit neuerdings die Geneigtheit nachdrücklich, sich mit 
Deutschland in heudelspolitischer Beziehung zu verständigen, spricht auch den 
Wunsch aus, daß eine Vereinbarung nory vor Schluß des laufenden 
Jahres erfolge. 
5. November. (Deulsches Neich.) Durch kaiserliche Ordre 
werden die Zollangelegenheiten, insoweit es sich um Fragen der Ge- 
sebgebung und der Verträge mit dem Auslande handelt, an das 
Reichslangleramt, d. h. an das Ressort des Hru. Hofmann gewiesen 
und soll es damit sein Vewenden haben. 
Davon abgesehen, bleibt das Finan amt ideut isch mit der bisherigen 
Finanzabtheilung. Auf die Absicht aber, an die Spitze dieses Amts einen 
Unterstaatesecretär zu stellen, hat man verzichtet. Chef des Finangamts 
bleibt Director Michaelis mit dem Rang eines Naths I. Classe und seinem 
bisherigen Titel. Es ist das eine Lösung dieser intricaten Frage, welche 
ziemlich allseitig befriedigt. Der Geschäftskreis des Präsidenten des Reichs- 
kanzleramts, weliher durch die Lostrennung des Finanzamts eine erhebliche 
Verminderung erfährt, soll dagegen nach der anderen, nämlich nach der 
preußischen Seite erweitert werden, indem Herrn Hofmann, der bieher nur 
Staatominister ohne Portefeuille war, ein selbständiges Verwaltungeressort 
zugedaiht ist, nämlich dasfsenige der Abtheilung für Handel und Gewerbe, 
welche von dem Handeleministerium losgetrennt wird. Damit sind alle 
anderweitigen Combinationen beseitigt. 
6. November. (Preußen.) Einem von beiden Seiten offen- 
bar aufrichtig und lebhaft gewünschlen Ausgleich zwischen der preußi- 
schen Regierung und dem Papste Leo XIII. stehl unzweifelhaft die 
ultramontane sog. Centrumspartei im Wege, der durch jenen Aus- 
gleich der bisherige Boden ihrer Wirksamkeit unter den Füßen weg- 
gezogen würde. Die offitiöse „Prov.-Corr.“ greift daher diese Partei 
in einem längeren Artikel scharf an und sucht zu beweisen, daß die- 
selbe weniger eine religiöse oder kirchliche als eine politische Partei 
sei. Das Hauptorgan der Partei, die „Germania“, geht darauf ein 
und erklärt rund, daß sie nachgerade wirklich eine „politische“ Partei, 
also, wie sie zu verstehen gibt, als solche unabhängig von Nom 
und unabhängig davon sei, ob ein Ausgleich zwischen Staatl und 
Kirche schließlich zu Stande komme oder nicht. 
**:2 „Prov.-Corr.“ schließt ihren Artilel dahin: „Wenn das auf- 
richtige Streben der deutschen Regierung i#n Vrrein mit einem friedliebenden
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.